14.05.2023

Habecks Pannenserie und ihre autofeindliche Politik schrumpfen die Grünen

Das Land Bremen hat kaum mehr Wahlberechtigte als die Stadt Frankfurt. Schon deshalb lässt sich aus einem Landtagswahlergebnis nur bedingt ein bundespolitischer Trend herauslesen. Dennoch haben die Bremer Wähler ein klares Signal nach Berlin gesendet: Der Heiz-Hammer des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck hat sie ebenso abgeschreckt wie das „Familiy- and Friends“-Geflecht um Habecks wichtigsten Staatsekretär, Patrick Graichen.

Die Grünen verlieren etwa fünf Prozentpunkte gegenüber ihren 17,4 Prozent von 2019. Das ist fast ein Drittel weniger und das schlechteste Ergebnis seit 2003. Noch im März hatten die Grünen an der Weser in Umfragen bei 19 Prozent gelegen. Von der Ampel in Berlin kam also kein Rückenwind. Die rigide, autofeindliche Verkehrspolitik der grünen Verkehrssenatorin hat ebenfalls Wähler vergrault. Teilweise ist der Absturz der Bremer Grünen auch hausgemacht.

Ergebnis der Bremen-Wahl stärkt Scholz

Eindeutiger Sieger ist die SPD, auch wenn ihre 30 Prozent das zweitschlechteste Ergebnis aller Zeiten sind. Hier hat sich die Popularität von Bürgermeister Andreas Bovenschulte stärker ausgezahlt als die Regierungspolitik in Berlin. Zudem hat Bovenschulte sich mit Kritik am Habeckschen Heiz-Hammer nicht zurückgehalten.

Gleichwohl stärkt das Ergebnis die Position von Bundeskanzler Olaf Scholz innerhalb der Ampel. In den bisher sechs Landtagswahlen seit der Bundestagswahl hat die SPD ihre Position in Bremen und Niedersachsen gestärkt und im Saarland obendrein die absolute Mehrheit errungen. Einen Regierungschef-Posten verloren haben die Sozialdemokraten nur einmal, nämlich in Berlin.

Die Freien Demokraten müssen dagegen feststellen, dass ihre Regierungsbeteiligung sie in den Ländern Stimmen kostet. Wie in den vorausgegangenen fünf Landtagswahlen hat die FDP in Bremen ebenfalls Stimmen eingebüßt und muss um den Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangen. In der Ampel „Schlimmeres verhindert zu haben“, ist offenkundig kein Konzept, das bürgerliche Wähler begeistert. In Bremen haben die Wähler insofern den Normalzustand wiederhergestellt, indem sie die SPD wieder zur stärksten Fraktion gemacht haben – wie bei allen Wahlen seit 1947. Lediglich vor vier Jahren hatte die CDU mit 26,7 Prozent auf Platz 1 gelegen, aber nur dank des historischen Absturzes der SPD auf 24,9 Prozent.

CDU kann nicht von Ampel-Fehlern profitieren

Die Hoffnung der CDU, die Politik der Ampel werde in den Ländern für eine Wechselstimmung sorgen, hat jedenfalls getrogen. Wenn die Union unter Führung von Friedrich Merz im Bund nicht aus dem Korridor von 28 bis 30 Prozent ausbrechen kann, sind allerdings im traditionell roten Bremen keine großartigen Zugewinne zu erwarten.

Mit 25 bis 26 Prozent liegt die CDU bei geringen Verlusten deutlich über den schwachen Ergebnissen von 2011 und 2015. Sie hätte wohl besser abgeschnitten, wenn die rechtspopulistischen „Bürger in Wut“ nicht mehr als zehn Prozent eingesammelt hätten. Deren Stimmen kamen zu einem großen Teil ehemaligen Wählern der AfD.

Die AfD durfte in Bremen nicht antreten, weil sie zwei konkurrierende Wahlvorschläge eingereicht hatte. Die CDU jedenfalls hat davon nicht profitiert. Offenbar gelingt es auch Merz nicht, von der Merkel-CDU enttäuschte, nach rechts abgewanderte ehemalige Unionswähler zurückzugewinnen.

Die Linke lebt noch

Für die größte Überraschung hat wohl die Linke gesorgt, Obwohl bundesweit totgesagt, hat die Partei in Bremen ihr 11-Prozent-Ergebnis von vor vier Jahren in etwa halten können. Dazu hat wohl ihr pragmatisch Verhalten im rot-grün-roten Senat beigetragen. Potentielle Linke-Wähler schätzen nüchterne, an den Interessen der kleinen Leute orientierte Politik mehr als die für die Bundespartei typischen ideologischen Grabenkämpfe.

Bremen wird seit vier Jahren von einer Koalition aus SPD, Grünen und Linke regiert. Diese drei Parteien hatten 2019 zusammen 54 Prozent der Stimmen auf sich vereint. Daran hat sich den Prognosen zufolge nichts geändert. Freilich ist das Gewicht der SPD innerhalb der Koalition deutlich gewachsen.

Bovenschulte und die SPD haben nun die Wahl: weiter mit Grünen und Linken oder eine Große Koalition mit der CDU als Juniorpartner. Da es in den vergangenen Jahren zwischen SPD und Grünen nicht immer rund lief, wäre die CDU für die SPD wohl der bequemere Partner. Mit Blick auf Berlin und den Bundesrat spricht allerdings viel für eine „Weiter so“ nach Bremer Art.

(Veröffentlicht auf www.focus.de am 14. Mai 2023)


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