12.05.2024

Wohnungsmangel: Mit „Mieten runter“ nach der Methode Lang entstehen keine neuen Wohnungen

400.000 neue Wohnungen pro Jahr hat die Ampel-Regierung vor zweieinhalb Jahren versprochen. Doch 2022 wurden nur 295.000 Einheiten fertiggestellt. In diesem und im nächsten Jahr werden es insgesamt sogar 130.000 Wohnungen weniger sein als 2022. Und Besserung ist nicht in Sicht. Bis 2027 werden bis zu 830.000 Wohnungen in Deutschland fehlen, schätzt der Zentrale Immobilien Ausschuss.

Da ist guter Rat teuer. Ricarda Lang hat ihn, wie sie dem „Spiegel“ verriet: „Es gibt schlicht zu wenig Wohnungen, das müssen wir ändern. Doch darauf können wir nicht warten. Die Mieten müssen runter. Es braucht eine Mietpreisbremse, die wirklich Zähne hat.“ Zu ihrem Rezept kommen noch zwei Zutaten hinzu: „Indexmieten deckeln“ und „das Vorkaufsrecht von Städten und Gemeinden stärken“. Das würde bedeuten, die Höhe der im Voraus vereinbarten Mieterhöhungen würden begrenzt. Zudem würden Kommunen beim Erwerb von Flächen bevorzugt.

Miethaie und Gewinnmaximierer

Wer einfach „Mieten runter“ ruft, scheint mit der Lage auf dem Wohnungsmarkt nicht sonderlich vertraut zu sein. Etwa 47 Prozent aller Wohnungen werden von ihren Eigentümern selbst bewohnt. Diese zahlen ihre Hypotheken ab, aber keine Miete an sich selbst. Bei den 12 Prozent Wohnungen im Besitz von überwiegend kommunalen oder gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften sind keine Miethaie am Werk. Kommunale Immobilienunternehmen treten nicht als Gewinnmaximierer auf. Genossenschaften wiederum arbeiten nach anderen, für Mieter angenehmeren Regeln als gewinnorientierte Unternehmen.

Der größte Teil der Mietwohnungen – 30 Prozent – gehört Privatpersonen, von denen die allermeisten ein, zwei oder drei Wohnungen besitzen. Sie nutzen die gesetzlichen Möglichkeiten zu Mieterhöhungen oft nicht aus, weil sie lieber auf ein paar Euro verzichten, als ihre häufig langen und guten Beziehungen zu ihren Mietern zu gefährden. Doch müssen die privaten Vermieter ebenfalls darauf achten, dass das Ganze sich rechnet. Schließlich sind die zu erwartenden Mieten oft eine wichtige Säule ihrer Altersversorgung. „Mieten runter“ à la Lang führte zu entsprechenden Einkommenseinbußen.

Einfach nur „Mieten runter“ fordern?

Wenn linke Politiker „Mieten runter“ sagen, sollen die Bürger in erster Linie an gierige Manager und Aktionäre in der Immobilienbranche denken. Deren Geschäftsmodell beruht aus linksgrüner Sicht darauf, die ihnen wehrlos ausgelieferten Mieter nach Strich und Faden auszunehmen. Das hört sich an wie ein Schrei nach sozialer Gerechtigkeit, hat freilich mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Denn den kommerziellen Immobiliengesellschaften gehören ganze 8 Prozent der 43 Millionen Wohnungen in Deutschland. Und selbst in deren Wohnungen gilt deutsches Mietrecht, das keinesfalls einseitig die Vermieter begünstigt. Übrigens: Die börsennotierte „Vonovia“ verlangt im Schnitt eine Nettokaltmiete von 7,74 Euro im Monat, ein nicht gerade ausbeuterischer Betrag.

Ganz abgesehen davon: Diese Unternehmen sollen nach dem Willen der Grünen ohnehin bald keine Rolle mehr spielen. Schließlich gehörten die Grünen in Berlin zu den eifrigsten Befürwortern des 2021 erfolgreichen Volksbegehrens zur Enteignung solcher Unternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen. Der besondere Trick: Die „Deutsche Wohnen“, die mit Abstand größte Vermieterin in Berlin, sollte „deutlich unter Marktwert“ entschädigt werden. Der seit 2023 regierende schwarz-rote Senat spielt bei der Umsetzung des Volksentscheids jedoch auf Zeit und lässt rechtliche Fragen prüfen.

Wer soll dann noch bauen?

„Mieten runter“ klingt kraftvoll. Fragt sich nur, wer dann noch bauen soll. Denn wer investiert schon in eine Wohnung, um sie anschließend mit Verlust zu vermieten? Ob eine börsennotierte Gesellschaft oder ein Privatmann: Beide müssen darauf achten, dass die Rechnung aufgeht. Und die lautet so: Im Laufe der Zeit muss die Wohnung eine höhere Rendite abwerfen, als wenn man das Geld auf dem Tagesgeldkonto geparkt hätte. Das ist keinesfalls eine besondere Perfide des Wohnungsmarktes. Auch Bäcker und Metzger bieten ihre Waren nur zu einem Preis an, bei dem sie Gewinn machen. Das kleine ökonomische Einmaleins gilt eben auf jedem Markt, auch auf dem für Immobilien – unabhängig von den ökonomischen Grundkenntnissen Ricarda Langs.

Natürlich kann der Staat die Wohnungssuchenden vom Unbill des Marktes befreien: Er muss nur selbst Wohnungen in bisher unbekannten Größenordnungen bauen und sie zu geringen Preisen vermieten. Dass dadurch riesige Verluste entstünden, liegt auf der Hand. Für die müssten dann die Steuerzahler aufkommen, Mieter in staatlichen Wohnungen eingeschlossen.

Der deutsche Staat ist als Unternehmer bekanntlich nicht sonderlich effektiv. Obendrein verfügt er gar nicht über genügend Kapital, um den Wohnungsmarkt in staatliche Regie zu übernehmen. Folglich bleibt ihm – vom sozialen Wohnungsbau abgesehen – nichts anderes übrig, als stärker auf private Investoren zu setzen. Das aber geht nicht nach der Methode „Mieten runter“. Das setzte andere Methoden voraus: Weniger Regulierung, weniger Bürokratie, mehr Bauland, steuerliche Anreize für Investoren, kurz: bessere Rahmenbedingungen.

Weniger Auflagen, niedrigere Steuern

Doch wenn es um deutlich weniger staatliche Auflagen und niedrigere Steuern geht, ist mit den Grünen nicht zu rechnen. Ebenso wenig beim Ausweisen neuer Flächen für den Wohnungsbau. In den Kommunen wehren sich die Grünen, wo sie können, gegen Verdichtung in vorhandenen Wohngebieten. Und dass auf dem Tempelhofer Feld in Berlin, der größten innerstädtischen Freifläche Europas, Wohnungsbau verboten ist, rechnen sich die Grünen – zusammen mit der SPD – als großartigen Erfolg an.

Nein, mit „Mieten runter“ lässt sich der Wohnungsbau nicht ankurbeln. „Mieten runter“ ist ein Programm, potentielle Investoren abzuschrecken. Ricarda Langs Konzept ist der Beleg dafür, dass fehlende Kenntnisse über ökonomische Zusammenhänge bei den Grünen keine Karrierebremse sind. Nur für den Wohnungsmarkt sind sie Gift. Aber was stört das die Grünen, wenn Ideologie vor Ökonomie rangiert.

(Veröffentlicht auf www.cicero.de am 12. Mai 2024)


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