09.04.2014

Rainer Brüderle bricht sein Schweigen mit seinem Buch „Jetzt rede ich!“

Zur Buchpremiere ist nicht nur Gregor Gysi als Laudator erschienen, auch Unionsfraktionschef Volker Kauder sitzt in der ersten Reihe. Er erhält ein frisch gedrucktes Exemplar. Brüderle signiert es mit der Widmung „meinem Freund Volker Kauder“. Denn Kauder hat ihm, wie er berichtet, schon in der schmerzlichen Nacht der Bundestagswahl eine tröstende SMS geschickt, die Kanzlerin ließ sich weit mehr Zeit.

Rainer Brüderle ist inzwischen wieder halbwegs fit. Eineinhalb Stunden Krankengymnastik macht er noch jeden Tag, denn nach seinem unglücklichen Sturz im Wahlkampf konnte er seine Oberschenkel-Brüche nicht richtig auskurieren. (…)

Brüderles Humor hat es schwer gehabt im vergangenen Jahr. Sein Besitzer hat sich enttäuscht aus der Politik zurückgezogen, und in seinem Buch „Jetzt rede ich“, einem Interviewband mit Hugo Müller-Vogg, ist noch die Wut zu spüren. Die Wucht der Häme nach der Wahlniederlage der FDP kann sich Brüderle kaum erklären. Vielleicht sei es wie in der Tierwelt. „Die Meute gibt erst Ruhe, wenn das Opfer total erledigt ist“, sagt Brüderle.

Lange hat er geschwiegen, hat zu den Sexismus-Vorwürfen gar nichts gesagt. Die Vorwürfe, nachdem er der Stern-Reporterin Laura Himmelreich zweifelhafte Komplimente gemacht hatte, dass sie ein Dirndl gut ausfüllen könnte. Doch jetzt wehrt sich Brüderle. Der „Stern“ habe ihn mit dem Sexismus-Vorwurf politisch und persönlich schädigen wollen – was ihm gelungen sei. Überhaupt rechnet Brüderle mit den Medien ab, weist ihnen viel Schuld zu – auch an der FDP-Niederlage insgesamt. Sie hätten vor der Wahl das Bild vermittelt, als ob es nur um die Entscheidung zwischen Merkel oder Steinbrück ginge.

Gregor Gysi, der an diesem Tag das Buch in Berlin vorstellt, ist da weit unbarmherziger in der Ursachenforschung. Die FDP, die früher zwei Standbeine gehabt habe, den politischen und den marktwirtschaftlichen Liberalismus, habe unter Graf Lambsdorff den politischen Liberalismus zurückgefahren. „Das Thema haben sich die Grünen geholt“, analysiert der Linken-Fraktionschef Gysi. Jetzt habe die FDP nur noch ein Standbein gehabt, „und als der Neoliberalismus am Ende war, war die FDP bei vier Prozent“. (…)

Quelle: Schwäbische Zeitung vom 9. April 2014


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