17.01.2014

Unangefochtener Herrscher

Reinfried Pohl ist einer der Letzten seiner Art. Ein Selfmademan, ein Patriarch, eine der Gründerpersönlichkeiten, die das Wirtschaftsleben der alten Bundesrepublik geprägt haben. Der 85-Jährige herrscht bis heute unangefochten über sein Imperium. Dabei war die Gründung der Deutschen Vermögensberatungs AG (DVAG) in den siebziger Jahren bereits die zweite berufliche Karriere des Mannes, der als einer der Erfinder des Allfinanzgeschäfts gilt. Inzwischen ist die DVAG ein Unternehmen mit knapp 1,2 Milliarden Euro Umsatz, 185 Millionen Euro Gewinn, 37 000 Mitarbeitern und mehr als sechs Millionen Kunden.

In seiner neuen Biografie zeichnet der Publizist und ehemalige Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Hugo Müller-Vogg, nun den Lebensweg von Pohl akribisch nach. Man spürt sofort, wie nahe der Autor dem Objekt seiner Beschreibung gekommen ist und wie sehr er die Werte des Familienmenschen und Unternehmers Pohl teilt. Einer der wichtigsten dieser Werte lautet: niemals aufgeben. "In jeder Krise steckt eine Chance", dieser Satz ist so etwas wie das Lebensmotto des Unternehmers. Das mag wie ein abgeschmacktes Klischee aus dem Werkzeugkasten eines abgehalfterten Lebenshilfegurus klingen, angesichts von Pohls Lebensweg bekommt der Satz allerdings durchaus Sinn.

Pohl hat immer gekämpft: Als 15-Jähriger muss er im Zweiten Weltkrieg an die Ostfront. Nach der Flucht entgeht er in Halle nur knapp der Verhaftung durch die sowjetischen Besatzungstruppen, weil er sich politisch für die Liberalen engagiert. Nach dem Zerwürfnis mit dem Deutschen Herold, für den er die Finanzberatung Bonnfinanz aufgebaut hat, steht er 1975 vermeintlich vor dem Karriereende. Erst mit 47 Jahren gründet er die DVAG, die mit dem Konzept der Finanzberatung aus einer Hand schon bald rasant wächst Auch für Pohl selbst hat sich dieses Beratungskonzept ausgezahlt. Das "Manager-Magazin" führt den Unternehmer auf seiner jüngsten Hitparade der reichsten Deutschen mit einem geschätzten Privatvermögen von 3,1 Milliarden Euro auf Platz 31. Auf einer anderen Liste landet Pohl noch weiter vorne. Mit 13,5 Millionen Euro für den Kampf gegen Krebs, für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Stadt Marburg setzte ihn das Magazin auf Platz drei der großzügigsten deutschen Spender und Mäzene.

Neben Pohl dem Unternehmer und Pohl dem Wohltäter führt die Biografie dem Leser auch Pohl den "homo politicus" vor. Mit Altkanzler Helmut Kohl verbindet ihn eine tiefe Männerfreundschaft. Die geht so weit, dass Pohl seine Mitgliedsbeiträge an die CDU einstellt, als Kohl im Januar 2000 den Ehrenvorsitz der Partei aufgibt, weil er in der Spendenaffäre die Namen anonymer Gönner der CDU nicht nennen will. Müller-Vogg überrascht das nicht. "Was er macht, macht er mit Hingabe", schreibt er über Pohl den Freund.

Quelle: Handelsblatt Nr. 012 vom 17.01.2014


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