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02.01.2024
FDP bleibt in der Ampel – aus Angst vor Neuwahlen
Gewonnen ist gewonnen. Mit 52 zu 48 Prozent haben die Mitglieder der FDP für einen Verbleib ihrer Partei in der rot-grün-gelben Bundesregierung gestimmt. Doch fällt dieser Sieg so knapp aus, dass der Gewinner damit nicht so recht glücklich sein kann.
Es hätte nicht viel gefehlt, und eine Mehrheit der Abstimmenden hätte die Frage „Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden?“ mit Ja beantwortet.
Wie knapp es zuging, zeigt die Differenz in absoluten Zahlen. Ganze 1.700 Stimmen betrug der Vorsprung der Ampel-Befürworter. Ein paar hundert Stimmen mehr für einen Ampel-Ausstieg hätten den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner und die Spitzen von Partei und Fraktion in große Schwierigkeiten gebracht.
Ob die Mehrheit der Abstimmenden den Ampel-Verbleib wirklich befürwortet?
Formal gesehen ist eine Mitgliederbefragung bei der Freien Demokraten nicht mehr als das Einholen eines Stimmungsbildes, eine Umfrage; das Ergebnis bindet die Parteiführung nicht. Ein klares Nein für ein „Weiter so“ von Gelb mit Rot-Grün wäre jedoch einem Misstrauensvotum gegen Lindner & Co. gleichgekommen.
Ohnehin ist fraglich, ob die Mehrheit der Abstimmenden über den Verbleib ihrer Partei in der Bundesregierung glücklich ist. Bei vielen dürfte eher die Angst überwogen haben, dass derjenige, der die Koalition platzen lässt, bei den dann folgenden Neuwahlen einen hohen Preis zahlen müsste.
Dass die Ampel der FDP nicht bekommt, ist offenkundig. Steuererhöhungen ebenso verhindert zu haben wie eine noch weitere Aufblähung der Sozialausgaben, rechtfertigt in den Augen ihrer Mitglieder und Wähler nicht die Beteiligung an dieser „Fortschrittskoalition“. Schließlich musste die FDP zu viele Kompromisse mittragen, die eindeutig rot-grün geprägt sind.
Lindner gab sich demonstrativ gelassen
Folglich rangiert die Partei in den Umfragen zurzeit bei rund 5 Prozent, weniger als die Hälfte ihrer 11,5 Prozent bei der Bundestagswahl. Schlimmer noch. Sämtliche Landtagswahlen seit Start der Ampel gerieten zum Desaster: fast durchweg Stimmenverlust, unter 5 Prozent in Bayern, Niedersachsen, Berlin und im Saarland, Verlust der Regierungsbeteiligung in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.
Es fiel auf, dass die Parteispitze sich bei der überwiegend von Kommunalpolitikern in Gang gesetzten Basisbefragung nicht sonderlich engagiert hat. Lindner gab sich sogar demonstrativ gelassen. Womit er wohl signalisieren wollte: Nehmt das Ganze nicht so wichtig, es ist für uns in Berlin ohnehin nicht bindend. Das Manöver war riskant: Ein Nein zur Ampel bei hoher Wahlbeteiligung hätte Lindner geschwächt. Jetzt versucht er den knappen Sieg zum großen Erfolg umzudeuten: Das Ergebnis sehe er „als Ausdruck der Verantwortung für Deutschland, aber auch als klaren Auftrag, im Regierungshandeln weiter liberales Profil zu zeigen.“
FDP-Spitze fährt nicht geschwächt nach Stuttgart
Das kann man so sehen, muss es aber nicht. Wenn von 65.899 abstimmungsberechtigten FDP-Mitgliedern ganze 13.614 (21 Prozent) seinen Kurs mit dem Stimmzettel unterstützen, kann von einem klaren Auftrag wirklich keine Rede sein. Lindners Basis hat gesprochen – aber weder sehr laut noch sehr klar.
Für die FDP-Spitze bedeutet das, dass sie nicht geschwächt zum Dreikönigstreffen in Stuttgart fährt. Für die Ampel bedeutet das, dass sie nicht in zusätzliche Turbulenzen gestürzt wird. Für das Land bedeutet das, dass das Ampel-Gehampel mit ständigen Streitereien munter weitergehen wird.
Das neue Jahr beginnt bundespolitisch so, wie das alte geendet hat. Und das ist kein Grund, die Korken knallen zu lassen.
(Veröffentlicht auf www.focus.de am 2. Januar 2023)
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