29.11.2023

Was Olaf Scholz von Ricarda Lang lernen kann

Olaf Scholz war im Herbst 2021 noch Finanzminister, als er die Wunderwaffe zur Finanzierung aller rot-grün-gelben Wünsche erfand: die Verschiebung nicht in Anspruch genommener Kreditermächtigungen aus der Corona-Zeit in den Klima- und Transformationsfonds.

So kamen die Ampel-Koalitionäre zusätzlich an 60 Milliarden Euro. Pech nur, dass das Bundesverfassungsgericht diesen Trick als verfassungswidrig eingestuft hat.

Eigentlich müsste der Kanzler angesichts dieser schweren Niederlage in Sack und Asche gehen. Doch der „oberste Besserwisser der Nation“ (Spiegel) denkt nicht daran, seinen Fehler einzuräumen. Scholz und Fehler? Das ist aus Scholz‘scher Sicht ein Widerspruch in sich.

Umso mehr fällt auf, dass die Grünen jene Ehrlichkeit an den Tag legen, die man eigentlich vom Regierungschef erwarten müsste. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, sagte es im Bundestag deutlich: "Das war für niemanden gut, dass wir das falsch eingeschätzt haben.“

Inzwischen hat Ricarda Lang, die Co-Bundesvorsitzende der Öko-Partei, sich ebenfalls selbstkritisch gezeigt. „Wir haben es in den vergangenen Wochen nicht geschafft als Regierung, den Menschen die Sicherheit zu geben, die sie brauchen“.

Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland fügte die Grüne hinzu, was eigentlich von Scholz zu erwarten gewesen wäre: „Das tut mir auch ganz ehrlich leid“.

Natürlich denken die Grünen – im Einklang mit dem Kanzler – nicht daran, ernsthaft zu sparen. Abstriche im Sozialetat kommen für sie ebenso wenig in Frage wie bei den Milliarden-Subventionen für den ökologischen Umbau.

Was aber dann? Die Grünen haben die Union bereits aufgefordert, an einer Reform der Schuldenbremse mitzuwirken. Das liefe letztlich auf eine „Bremse“ hinaus, deren Wirkung so schwach ist, dass Schuldenmachen leicht gemacht wird.

Freilich ist der Ampel-Partner FDP nicht bereit, die Schuldenbremse zu entschärfen. Zudem wird die CDU/CSU nicht für die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat sorgen.

Die „guten und auch standhaften Lösungen“, nach denen Lang und die Grünen suchen, werden so aussehen: Die Ampel begründet die überbordende Neuverschuldung im Jahr 2024 abermals mit einer Notlage.

Da dürfte dann alles Mögliche zur Begründung herangezogen werden. Nicht auszuschließen, dass die Karlsruher Richter auch dieses Manöver durchkreuzen werden. Für diesen Fall hätten die Grünen das Entschuldigen schon mal geprobt.

Apropos Entschuldigungen: Als Kanzlerin hatte Angela Merkel während der Corona-Pandemie im März 2021 mit einer spektakulären Entschuldigung für Schlagzeilen gesorgt.

Angesichts heftiger Proteste wegen einer geplanten zweitägigen „Osterruhe“ zur Eindämmung der Pandemie nahm sie alle Schuld auf sich und ruderte zurück. Dabei hatte sie das nicht im Alleingang beschlossen, sondern gemeinsam mit allen Ministerpräsidenten.

Die SPD hatte zwar im Wahlkampf 2021 verkündet: „Scholz kann Kanzlerin“. Doch entschuldigen kann er sich nicht. Falls ihm das Beispiel der CDU-Frau nicht zusagt, kann er sich ja immer noch die Grünen-Frauen zum Vorbild nehmen.

Beim Entschuldigen gilt: besser spät als nie.

(Veröffentlicht auf www.focus.de am 29. November 2023)


» Artikel kommentieren

Kommentare



Drucken
Müller-Vogg am Mikrofon

Presse

01. November 2023 | Hauptstadt – Das Briefing

Ampel-Krise

» mehr

Buchtipp

konservativ?! Miniaturen aus Kultur, Politik und Wirtschaft

konservativ?! Miniaturen aus Kultur, Politik und Wirtschaft

» mehr

Biografie

Dr. Hugo Müller Vogg

Hugo-Müller-Vogg

» mehr