10.05.2022

„Helikopter-Mutter“ Lambrecht hat jedes politische Gespür verloren

Das war ein Volltreffer: „Helikopter-Mutter bekommt jetzt eine ganz neue Bedeutung,“ spottete der frühere CDU-Generalsekretär Paul Ziemak auf Twitter über Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Denn die Genossin nimmt ihren Sohn Alexander (21) gerne auf Dienstflügen als – zahlenden – Gast mit. Das machte sie schon als Justizministerin in der GroKo so, und zwar gleich sieben Mal. Das setzte sie vor Ostern bei einem Truppenbesuch in Ladelund (Nordfriesland) fort. Und der stolze Sohnemann ließ die Öffentlichkeit via Instagramm am Familienausflug teilnehmen. Was für ein peinlicher Auftritt.

Formal korrekt, politisch falsch

Formal ist die Sache klar: Minister dürfen Familienangehörige auf Dienstreisen mitnehmen, wenn sie den Mitflug in Anlehnung an Lufthansatarife bezahlen. Das hat Lambrecht nach Angaben ihres Ministeriums gemacht. Allerdings nannte sie keine Summe. Doch was nach bürokratischen Maßstäben korrekt ist, kann politisch dennoch falsch sein. Und das ist es in diesem Fall auch. Die ohnehin von Panne zu Panne stolpernde Ministerin, seit Amtsantritt ständig mit Selbstverteidigung beschäftigt, hat gleich mehrere schwere Fehler gemacht.

Da ist zunächst die seltsame Verbindung von Dienst und Freizeit. Der offizielle Anlass für den Schlagzeilen machenden Helikopterflug war ein Truppenbesuch beim Bataillon „Elektronische Kampfführung 911“. Dessen Standort hat den Vorteil, dass es nahe bei Sylt liegt, wo Mutter und Sohn anschließend ausspannten. Da liegt die Frage nahe, ob dieser Standort extra für eine Visite ausgesucht wurde, weil er so praktisch auf dem Weg zum Urlaubsziel liegt? Oder ob Sylt wegen seiner Nähe zu Nordfriesland zum Urlaubsort wurde?

Die Wahrheit kennt nur die Ministerin selbst. Sie wird sie uns nie verraten. Diese Verbindung von Dienst- und Urlaubsreisen ist ohnehin eine Sache mit „Geschmäckle“ bei auf Staatskosten reisenden Ministern. Das Finanzamt erkennt eine solche kostengünstige Verbindung von Dienst- und Urlaubsreise bei Normalsterblichen jedenfalls nicht an.

Schon der Zeitpunkt des Urlaubs ist ein Skandal

Unabhängig von Lambrechts eigenwilliger Vorstellung einer glücklichen Verbindung von Beruf und Familie war schon der Zeitpunkt des Urlaubs höchst problematisch. Allein, dass sie sich Zeit zum Faulenzen nahm, als sie wegen der russischen Invasion in der Ukraine besonders gefordert war, ist ein Skandal. Die Unterstützung der Ukraine mit Waffen, das 100 Milliarden Euro-Paket für die Bundeswehr, die notwendige Umstrukturierung der Streitkräfte – bei allen diesen Fragen ist die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt besonders gefordert. Da müssen Sonne und Strand eben mal zurückstehen – müssten zurückstehen.

Besonders peinlich war Lambrechts Reise in den hohen Norden auch deshalb, weil sie dafür einen Besuch von Bundeswehreinheiten in der Slowakei ausfallen ließ. Die Patriot-Luftabwehrstaffel war dort wegen Putins Überfall auf die Ukraine stationiert worden. Aber die Slowakei liegt halt nicht auf dem Weg nach Sylt. Kein Schelm, der Böses dabei denkt.

Von Fettnapf zu Fettnapf

Wäre der Familienausflug mit der Luftwaffe Lambrechts bisher einziger Fehltritt, man könnte darüber hinwegsehen. Die Ministerin hat jedoch seit Amtsantritt mehrfach Zweifel an ihrer Kompetenz aufkommen lassen. Gleich nach Amtsantritt hat sie mit fragwürdigen Personalentscheidungen den Apparat vor den Kopf gestoßen und sich durch fehlende Kenntnis militärischer Dienstgrade lächerlich gemacht. Als sie dann die Lieferung von 5000 Helmen als "ganz deutliches Signal" deutscher Solidarität feierte, zeigte sie sich gleichermaßen unterqualifiziert wie überfordert. Mit jedem Tag des russischen Kriegs gegen die Ukraine häuften sich Lambrechts Fehler und offenbarte sich ihre mangelnde Qualifikation.

Schwächstes Kabinettsmitglied

Obendrein fehlt der Ministerin jedes Gespür dafür, wie sich ein verantwortungsbewusster Spitzenpolitiker zu verhalten hat, gerade in Krisenzeiten wie diesen. Ein längerer Urlaub nach Dienstantritt, ein Nagelstudiobesuch am Tag des Kriegsbeginns, ein Auftritt mit Stöckelschuhen in Mali – hätte Lambrecht gezielt nach Fettnäpfen gesucht, sie hätte es nicht besser machen können.

Die einstige Justizministerin, die eigentlich 2021 mit der Politik Schluss machen wollte, ist nur deshalb ins Verteidigungsministerium gekommen, weil Bundeskanzler Scholz unbedingt die Hälfte des Kabinetts mit Frauen besetzen wollte. Anders ausgedrückt: Für Scholz waren das Geschlecht und die Zugehörigkeit Lambrechts zum linken SPD-Flügel wichtiger als Können und Kompetenz. Das hat jetzt davon: eine Verteidigungsministerin als schwächstes Mitglied im Kabinett – und als peinlichstes obendrein.

(Veröffentlicht auf www.focus.de am 10. Juni 2022)


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