Presse

07.04.2014 | meedia.de

Rainer Brüderles Medienschelte

Na, erinnert sich noch jemand an die "Herrenwitz"-Affäre des früheren FDP-Spitzenkandidaten Rainer Brüderle, die eine landesweite Sexismus-Debatte auslöste? Brüderle hatte an einer Hotelbar gegenüber der stern-Reporterin Laura Himmelreich eine doofe Bemerkung über deren Oberweite gemacht, was diese in einem Porträt aufgriff. Der "Aufschrei", der folgte, war gewaltig. Nun legt Brüderle ein Interview-Büchlein zum Thema vor und betreibt ordentlich Medienschelte.

“Jetzt rede ich” heißt das Buch, das Brüderle zusammen mit dem früheren FAZ-Herausgeber und Publizisten Hugo Müller-Vogg herausbringt. Müller-Vogg ist Spezialist für solche Gesprächs-Bändchen mit Politikern und Wirtschafts-Heinis. Er hat solche Bücher schon mit Interviews mit Angela Merkel, Christian Wulff, Horst Köhler oder Harmut Mehdorn veröffentlicht. Das ist ja auch recht fix gemacht. Man trifft sich zum ausgiebigen Plausch, alles wird aufgezeichnet, abgetippt, fertig ist das Manuskript und das Buch erscheint mit prominenter Nase auf dem Cover.

Nun also Rainer Brüderle. “Der Herrenwitz” war das Porträt damals im stern über ihn überschrieben. In der Online-Variante hieß es noch zugespitzter: “Der spitze Kandidat”. Nun “bricht Brüderle sein Schweigen”, schreibt der Focus, der sich die Vorabdruck-Rechte für die Skandälchen-Aufarbeitung gesichert hat. Die Sprengkraft von Brüderles Einlassungen ist aber überschaubar: “Es ging Frau Himmelreich und dem stern gar nicht um das Thema sexuelle Belästigung. Das Ziel war letztlich ein Frontalangriff auf die FDP und mich als Spitzenkandidaten”, wird Brüderle im aktuellen Focus zitiert. Stimmt, beim stern waren sie von der Dynamik des Sexismus-Aspekts auch kalt erwischt worden. Sein damaliges Schweigen zur Sache begründet Brüderle heute folgendermaßen: “Jede Äußerung hätte einen Teil der Medien nur angestachelt, ihren Feldzug mit noch größerem Eifer fortzusetzen.” Ach ja, die Medien mit ihrem “Feldzug”. Eine Entschuldigung gibt es aber immer noch nicht: ”Mir fehlte und fehlt jedes Bewusstsein, mich daneben benommen zu haben.” Brüderle beschreibt die Atmosphäre an jener Hotelbar am Abend des 5. Januars vergangenes Jahr: “Es war überhaupt keine Atmosphäre für ein professionelles Gespräch, wie Frau Himmelreich es angeblich mit mir führen wollte.” Als Himmelreich ihm erzählte, dass sie auf dem Oktoberfest auch schon mal Bier trinke, sei “eine völlig harmlos gedachte Äußerung gefallen”. Das war wohl der Satz: “Sie können ein Dirndl auch ausfüllen”, der im folgenden zu einer kurzen aber heftigen Debatte über alltäglichen Sexismus führte.

Brüderle: “Was ich gesagt habe war nicht böse gemeint. Weder die Dame noch ihre umstehenden Kolleginnen und Kollegen empfanden es als anstößig. Es gab überhaupt keine negative Reaktion. Sonst hätte ich mich sofort entschuldigt.“ Himmelreich sei den ganzen Abend nicht von seiner Seite gewichen und habe sich auch danach bemüht, ihn bei Terminen im ganzen Land zu begleiten. Zu einem Termin sei sie “auf ihren ausdrücklichen Wunsch” in seinem Auto mitgefahren. “Vom Opfer einer angeblichen Belästigung würde man das nicht erwarten”, so Brüderle. Sie habe “durch nichts zu erkennen gegeben, dass sie irgendwelche Vorbehalte gegen mich hätte.”

Dass es bei der ganzen Sache eben um alltäglichen, vermeintlich harmlos, zotigen Sexismus geht und eben nicht um die harte, körperliche sexuelle Belästigung, scheint Brüderle noch immer nicht begriffen zu haben.

Quelle: www.meedia.de vom 7. April 2014



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