2.10.2006

Wofür steht die CDU?

Partei mit Image-Problem?
Experten diskutieren im "Politischen Salon" über die Identität der CDU

Von Christine Cornelius

"Jahresbilanz: Große Koalition und wie geht es weiter?" Unter diesem Motto diskutierten am Samstag sechs Experten im Erbacher Hof. Die Konrad-Adenauer-Stiftung hatte zum "Mainzer Politischen Salon" geladen, um den Dialog zwischen den Gästen am runden Tisch und dem Publikum anzuregen. Stefan Schröder, stellvertretender Chefredakteur dieser Zeitung, moderierte die Veranstaltung.

"Wofür steht die CDU im Moment?", fragte der Journalist Dr. Hugo Müller-Vogg. Er traf damit das zentrale Thema der Diskussion - die Identität der CDU. "Die Strukturen und Konturen der Christdemokraten müssen wieder deutlicher werden", betonte auch der frühere rheinland-pfälzische Finanzminister Dr. Johann Wilhelm Gaddum (CDU). Die CDU-Bundestagabgeordnete Julia Klöckner diagnostizierte bei ihrer Partei "Probleme mit der Vermarktung". In der Fraktion sei Disziplin gefragt.

Einen Fehler der aktuellen Politik sah die Expertenrunde auch darin, dass es nicht gelinge, der Bevölkerung wichtige Themen wie die Gesundheitsreform verständlich zu erklären. "Die Aufmerksamkeitsspanne von Medien und Öffentlichkeit wird immer kürzer", sagte der Mainzer Publizistik-Professor Hans Mathias Kepplinger. Die Lösung des Problems liege für ihn nicht in öffentlichen Diskussionen, sondern in einer Verkürzung der Entscheidungswege.

Der Historiker Prof. Dr. Andreas Rödder stellte fest: "Die CDU hat ein Problem mit ihren Grundwerten." Nicht nur arbeitende Mütter, sondern auch solche, die zu Hause blieben, müssten vom Staat gefördert werden. Die Debatte um die Geburtenrate hält er für eine "große Heuchelei". "Kinder spielen nur als Objekt eine Rolle", bemerkte Rödder. Über die Frage der Rentensicherung werde vergessen, was eigentlich für die Kinder selbst gut sei.

"Die CDU liegt nach langer Zeit beim Thema Familienpolitik in den Umfragen wieder vor der SPD", sagte Julia Klöckner. Sie als CDU-Abgeordnete setze sich dafür ein, dass Mütter frei entscheiden könnten, ob sie arbeiten wollten oder nicht. "Nicht nur die Mutter, die zu Hause bleibt, ist eine gute Mutter", stellte sie fest. Aber auch der Umkehrschluss gelte nicht. In der Gesellschaft müssten Frauen heute noch immer ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie trotz Kindern arbeiten gingen. Dies dürfe nicht sein, findet Klöckner. "Wir müssen dahin kommen, dass niemand für seinen Weg verurteilt wird."

Aus: ALLGEMEINE ZEITUNG Mainz vom 2.10.2006