Die hessische SPD-Spitzenkandidatin Ypsilanti will sich angeblich mit Stimmen der Linkspartei zur Ministerpräsidentin wählen lassen - nach der Hamburg-Wahl.
Zum Stellenprofil eines Generalsekretärs einer politischen Partei zählt die Bereitschaft zum grobholzschnittartigen Statement ebenso wie die dauernde Schuldüberantwortung an den politischen Gegner. Der Mann bei der CDU heißt Ronald Pofalla, und der sagte am Mittwoch zur Frage, wie es denn nun politisch in Hessen weitergehe: "Jetzt überlegen sie offensichtlich doch, die hessische SPD-Spitzenkandidatin mit Hilfe der Linken zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen." Das "sie" umfasst die genannte Politikerin sowie ihren Parteichef Kurt Beck und bleibt dennoch eine vernebelte Wendung, denn: Überlegungen gibt es tatsächlich in beiden großen Parteien.
Aber keine wird vor Sonntag, 18 Uhr, wenn die Wahllokale in Hamburg schließen, öffentlich im Sinne einer echten Bejahung oder Verneinung ausgesprochen - "offensichtlich" ist das so, seit in Hessen die Wahllokale schlossen und Roland Koch nicht sicher sein kann, wie es um ihn in Zukunft bestellt ist. Wahr ist jedenfalls: Die CDU kann nichts tun, sie kann allenfalls abwarten, ob die SPD eine Koalition mit ihr eingehen wird, die Union kann, anders gesagt, nur einen wie den Pofalla Vages formulieren lassen, was ein wenig terrierhaft klingt und doch nur brav bleibt. Denn, wie gesagt, Hessens CDU hat keine selbstbestimmten Optionen, sie will an der Macht bleiben, weiß aber nicht wie.
Wahr ist darüber hinaus: Alle "überlegen" alles - und in der SPD sagt niemand außer Kurt Beck Offizielles. Aber es wird geredet, in Berlins Parlamentsfluren, vor allem aber im Café Einstein, dem allgemeinen Treffpunkt des politischen Betriebs Unter den Linden. So hörte man am Mittwoch von sozialdemokratischen Mandatsträgern, während im Hintergrund eine Frau die Szenerie betritt, welche wie Erika Steinbach aussieht, und an einem anderen Tisch der Publizist Hugo Müller-Vogg mit einer Frau parlierte, dass die Lage doch ganz einfach sei. Niemand von diesen möchte namentlich erwähnt werden, aber sie sagten: Nichts sei so schlecht wie Opposition, niemand höre einem zu; die Ypsilanti werde sich in Wiesbaden als Kandidatin aufstellen lassen, dann werde man sehen, wer sie wählt. Ob das nicht einer Koalitionsaussage zugunsten der Linken gleichkomme, schließlich hat die doch gesagt, für die Sozialdemokratin zu votieren? Nein, oh nein, erst mal müsse, schon der Glaubwürdigkeit wegen, Koch weg, am besten nach Berlin, er sei ja kein ganz Schlechter, als Minister könne er seine Talente gewiss gut entfalten.
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Aus: Taz vom 21.02.2008
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