11.11.2010 | DER PLATOW Brief

Schönhauser Gespräche


Für gesellschaftspolitische Themen haben in Deutschland offensichtlich nur Rentner Zeit. Jedenfalls leidet das selbst in die Jahre gekommene Schönhauser Treffen des Bankenverbandes seit geraumer Zeit an Überalterung der Akteure und Teilnehmer. 

Auch diesmal trafen wir in Berlin mit Arnulf Baring, Hans Barbier, Hans-Olaf Henkel, Frank Heintzeler, Gertrud Höhler, Martin Kohlhaussen, Otmar Issing, Christopher Pleister und Olaf Scholz auf viele Persönlichkeiten der deutschen Eliten im reifen Pensionsalter, während Josef Ackermann und Klaus-Peter Müller, die mächtigsten unter den aktiven deutschen Bankiers, wichtigeren Verpflichtungen den Vorzug geben wollten oder mussten. 

Die 18. Wiederaufführung des in Wirtschafts-, Politik- und Kulturkreisen weithin anerkannten gesellschaftspolitischen Forums der privaten Banken unterschied sich aber dennoch wohltuend von den vorangegangenen Begegnungen. Dazu beigetragen hatte eine von Verbandspräsident Andreas Schmitz und seinem Team sehr kurzfristig vorgenommene Programmänderung, die nötig wurde, weil Philip D. Murphy, seines Zeichens Investmentbanker bei Goldman Sachs und heute Botschafter der USA in der Bundesrepublik, auf Grund veränderter Reisepläne von Michelle Obama, der amerikanischen First Lady, verhindert war. 

Statt eines diplomatisch entschärften Vortrags über das im Wandel begriffene Verhältnis zwischen den USA und Deutschland bzw. Europa diskutierten der frühere Hoffnungsträger der CDU und heutige Wirtschaftsberater Friedrich März und der Journalist Gabor Steingart (Handelsblatt), moderiert vom Publizisten und Bild-Kolumnisten Hugo Müller-Vogg, unter dem Beifall der Teilnehmer sehr sachkundig und eloquent über das unbändige Selbstbewusstsein der angehenden Weltmacht China und die wachsenden Selbstzweifel Amerikas.


Aus: Der PLATOW Brief Nr. 131 vom 12.11.2010