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Presse
Dezember 2010 | Journal für den Vermögensberater„Der Leser soll den Unternehmer Reinfried Pohl auch von seiner menschlichen Seite kennen lernen“
Was waren für Sie die Beweggründe, dieses Buch über Dr. Reinfried Pohl zu schreiben?
Das Buch hat eine ganz witzige Vorgeschichte. Auf einem Flug nach Berlin traf ich 2004 das damalige DVAG-Vorstandsmitglied und heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Friedrich Bohl. Wir kannten uns noch aus seiner Zeit als Chef des Bundeskanzleramtes, plauderten über die aktuelle Politik und alte Zeiten und verabredeten, das Gespräch bei einem Mittagessen fortzusetzen. Zu diesem Gespräch brachte ich Herrn Bohl ein Exemplar meiner gerade erschienen Biografie über den damals neuen Bundespräsidenten Horst Köhler mit.
Herr Bohl erzählte mir von seiner Tätigkeit für die Deutsche Vermögensberatung und erwähnte das 2005 anstehende 30-jährige Jubiläum. Da zeigte ich auf das Köhler-Buch und sagte: „Da sollten wir mit Herrn Dr. Pohl so ein Buch machen.“ Herr Bohl war von dem Vorschlag begeistert.
Kannten Sie damals den „Doktor“ schon persönlich?
Er war mit natürlich als Unternehmer ein Begriff. Kennen gelernt hatte ich ihn 1995 bei der 20-Jahr-Feier der DVAG. Aus diesem Anlass war ein Buch mit wirtschaftspolitischen Beiträgen erschienen, zu dem ich auch einen Text beigesteuert hatte. Ich nahm dann auch an der Jubiläums-Veranstaltung in der Frankfurter Festhalle teil. Ich gebe zu, dass die Begeisterung mehrerer Tausend Vermögensberater für ihren „Doktor“ mich eher an eine Wahlkampfkundgebung erinnert hat als an eine Firmen-Veranstaltung. Aber ich war beeindruckt – auch von der liebenswürdigen Art Herrn Pohls und seiner Frau.
Wie ging es dann mit dem Buch weiter?
Das ging dann Schlag auf Schlag. Herr Bohl trug die Idee dem „Doktor“ vor, der war davon sehr angetan. Kurz darauf saß ich eines Morgens um 9 Uhr bei ihm in seinem Frankfurter Büro und erläuterte ihm, wie ich mir das Ganze vorstellte.
Da lernte ich Herrn Pohl übrigens von einer sehr angenehmen Seite kennen. An diesem Morgen war auf der Autobahn Gießen – Frankfurt ein riesiger Stau. Und da stieg er schnell auf den Zug um, um pünktlich zu sein. Das hat mir schon deshalb gefallen, weil ich selber ein Pünktlichkeits-„Fanatiker“ bin. Ich fand aber auch beeindruckend, dass Herr Pohl die Zugfahrt auf sich nahm, um mich nicht warten zu lassen.
Warum haben Sie für das Buch die Interviewform gewählt?
Das stand von vornherein fest. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt drei solcher Gesprächsbände vorgelegt: mit dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, mit Angela Merkel, die da noch Oppositionsführerin war, und mit dem Bundespräsidenten. Und Herr Dr. Pohl fand diese Form auch gut.
Was spricht aus Ihrer Sicht für ein solches Buch in Interviewform?
Es hat meines Erachtens gegenüber einem „durchgeschriebenen“ Buch einen unschätzbaren Vorteil: Hier kommt die Hauptperson zu Wort – mit ihren eigenen Worten. Da bleibt nicht im Unklaren, was der Interviewte und was der Autor meint. Da gilt allein das Wort dessen, um den es geht. Und wenn eine Frage nicht genehm war, merkt der Leser das an der Antwort – nachzulesen Wort für Wort.
Nun gibt es Kritiker, die behaupten, ein Interview-Buch sei kein „richtiges“ Buch.
(Lacht.) Das habe ich auch schon oft gehört.
Und was antworten Sie?
Da muss ich Ihnen eine kleine Geschichte erzählen. Nach der Veröffentlichung des Merkel-Buchs sagte eine Hörfunkkollegin zu mir: „Sie haben Frau Merkel 20 Stunden lang interviewt. Warum haben Sie eigentlich kein „richtiges“ Buch daraus gemacht?“. Da antwortete ich: „Ich habe mich gefragt, was die Bürger mehr interessiert: Was eine potenzielle Kanzlerin zu sagen hat – oder was ein gewisser Hugo Müller-Vogg über Angela Merkel zu sagen hat.“ Diese Antwort hat in Bezug auf Interviewbücher nichts von ihrer Gültigkeit eingebüßt.
Die Fachzeitschrift „Buchreport“ hat über Sie einmal geschrieben: „Hugo Müller-Vogg hat ein gutes Gespür für Interviews und Themen. Die Gesprächs-Biografien des Journalisten erreichen eine breite Klientel, darunter viele Leser, die typischerweise keine Autobiografien kaufen.“ Einverstanden?
(Lacht.) Gegen Lob soll man sich nicht allzu heftig wehren. Im Ernst: Ich habe diese Form nicht erfunden. Aber ich kenne keinen Autor, der so viele Gesprächsbiografien veröffentlicht hat wie ich. Ich habe solche Bücher auch zusammen mit dem heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff, dem früheren Bahn-Manager Hartmut Mehdorn und dem Unternehmer Jörn Kreke, der den Douglas-Konzern aufgebaut hat, verfasst. Leider hat sich 2005 der damalige SPD-Chef Franz Müntefering verweigert. Er zog eine Journalistin vor, die ihm politisch sehr nahe steht.
Und was lag Ihnen bei der Arbeit an der „Finanzgeschichte“ besonders am Herzen?
Ich wollte Dreierlei erreichen: Der Leser sollte etwas über das Allfinanz-Konzept und private Vorsorge lernen, er sollte sich über den herausragenden unternehmerischen Erfolg von Herrn Pohl informieren können und er sollte diesen Pionierunternehmer auch von seiner menschlichen Seite kennen lernen.
Und – ist Ihnen das gelungen?
(Lacht.) Ich hoffe es. Aber wenn bisher mehr als 100.000 Exemplare verkauft worden sind, spricht das ja nicht gegen das Buch.
Wie viele Gespräche haben Sie insgesamt mit Dr. Pohl geführt?
Das kann ich gar nicht so genau sagen. Für die erste Ausgabe, die im Frühjahr 2004 erschienen ist, waren es acht, neun Gesprächsrunden von jeweils zwei Stunden. Längere Interviews sind nach meiner Erfahrung nicht sehr produktiv. Da lässt zwangsläufig die Kondition nach – und zwar bei beiden Gesprächspartnern.
Und wie war das bei den folgenden Bänden?
Die zweite und dritte Auflage waren Nachdrucke der ersten. Aber 2006 erschien dann die vierte, aktualisierte Auflage. Die machte neue Gespräche notwendig. Und die neue, fünfte Ausgabe ist völlig überarbeitet. Das waren ebenfalls weiter Gespräche mit Dr. Pohl erforderlich.
Warum haben Sie so viel verändert?
Also was den Lebenslauf von Herrn Pohl oder die Geschichte der DVAG angeht, das ist natürlich alles beim alten geblieben. Aber die wirtschaftliche Lage, ja die Welt hat sich seit 2004 dramatisch verändert. Denken Sie an die Finanzkrise von 2008, die eine der größten Wirtschaftskrisen ausgelöst hat. Das hatte und hat erhebliche Auswirkungen auf die ganze Finanzwirtschaft. Aber auch die DVAG hat sich in den letzten Jahren verändert. Denken Sie nur daran, dass die AachenMünchener-Versicherungsgruppe ihren eigenen Vertrieb aufgelöst beziehungsweise auf die DVAG übertragen hat. Das gab im Versicherungswesen noch nie. Das war ein außergewöhnlicher Erfolg für Reinfried Pohl und seine DVAG.
Hinzu kommen auch noch Veränderungen innerhalb der Familie Pohl und der DVAG. Der Tod von Frau Anneliese Pohl im Jahr 2008 hat zu einer Neuordnung der Eigentümerverhältnisse geführt. Die beiden Söhne Reinfried Pohl jun. und Andreas Pohl sind nun Mehrheitsgesellschafter der DVAG. Da wurden die Weichen für die Zukunft gestellt.
Gab es Momente in den langen Gesprächen, die Sie nachhaltig beeindruckt haben?
Ja, sicher. Beeindruckt hat mich beispielsweise, dass Herr Pohl seine ja alles andere als unbeschwerte Jugend sehr nüchtern geschildert hat, ohne auf die Tränendrüse zu drücken. Aber noch beeindruckend war für mich, wie treffsicher die Prognosen des „Doktors“ waren. So hat Herr Pohl zum Beispiel schon 2004 vorhergesagt, dass seine Hauptwettbewerber AWD und MLP mit der DVAG nicht mithalten können. Tatsächlich ist der Vorsprung des Marktführers DVAG seitdem noch größer geworden.
Sie haben sehr intensiv und lang mit Dr. Pohl reden können. Hat sich in Laufe der Gespräche Ihr Bild vom Menschen und Unternehmer Dr. Pohl gewandelt?
Ich wusste ja schon vor unserer ersten persönlichen Begegnung, dass ich es mit einem ungewöhnlich innovativen und außerordentlichen erfolgreichen Unternehmer zu tun habe. Aber bei unseren Gesprächen habe ich viel über den Menschen Reinfried Pohl erfahren. So wichtig ihm Marktanteile und Provisionsumsätze sind – die Familie steht für diesen „Familienmenschen“ an erster Stelle. Deshalb war es für mich auch keine Überraschung, wie sehr er 2008 unter dem Tod seiner geliebten Frau gelitten hat und heute noch leidet. Das hat schon etwas Tragisches: Da hat ein Mann ein Leben lang alles gemeinsam mit seiner Frau gemacht und steht dann plötzlich allein da. Und das auf dem Höhepunkt seiner unternehmerischen Karriere.
Was fasziniert Sie an dem Unternehmer, was an dem Menschen Dr. Reinfried Pohl? Was macht ihn zu dieser großen Persönlichkeit?
Da ist zum einen der Lebensweg dieses Mannes, in dem sich die deutsche Geschichte widerspiegelt: Ein Sudentendeutscher, der als halbes Kind noch im zweiten Weltkrieg kämpfen muss, der mit seiner Mutter aus Zwickau in die damalige sowjetische Besatzungszone vertrieben wird, der aus politischen Gründen aus der DDR fliehen muss und schließlich im hessischen Marburg wieder ganz neu anfängt.
Da ist der ungewöhnliche Berufsweg des promovierten Juristen, der als Versicherungsvertreter schnell Karriere macht. Doch der mit 47 Jahren beruflich vor dem Nichts steht, weil er den Eigentümern seines damaligen Arbeitgebers zu stark geworden war. Und der – mit dem Rücken zur Wand – 1975 seinen eigenen Finanzvertrieb gründet und wieder ganz klein anfängt.
Da ist der schöpferische Unternehmer, der den Markt der Versicherungen und Vorsorge in Deutschland mit seinem Allfinanz-Konzept grundlegend verändert. Der trotz der Häme der Wettbewerber und vieler Anfeindungen an seiner Idee festhält, sie durchsetzt und schließlich zum Maßstab der Branche macht.
Und da ist auch die Geschichte eines Ehemanns und Vaters, für den die Familie einen besonderen Stellenwert hat. Der auch deshalb sein Unternehmen ganz bewusst als Familienunternehmen führt und allen Verlockungen, durch einen Börsengang Kasse zu machen, widerstanden hat. Und der sein Unternehmen als familiäre Berufsgemeinschaft führt.
Es ist Dr. Pohl gelungen, quasi aus dem Nichts Deutschlands größten Finanzvertrieb aufzubauen. Wie würden Sie Dr. Pohl historisch einordnen?
Er gehört die zu den großen Pionierunternehmern der Bundesrepublik, steht in einer Reihe mit Neckermann, Grundig, Schickedanz oder Burda. Und doch gibt es einen wichtigen Unterschied. Sein Aufstieg fiel nicht in die unmittelbare Nachkriegszeit, nicht in die Wirtschaftswunderjahre, wo man ganz schnell ganz groß werden konnte. Herr Pohl hat sein Unternehmen erst in den siebziger Jahren gegründet, als das die Märkte schon viel verfestigter waren als zehn oder zwanzig Jahre vorher. Das macht seine Leistung noch größer.
Aus externe Sicht: Hat die Deutsche Vermögensberatung den Markt für Finanzdienstleistungen verändert?
Ja, das kann man ohne Einschränkung sagen. Pohls „Erfindung“ war das Allfinanz-Konzept, also die Idee, einem Kunden alle Produkte zur privaten Vorsorge und zum Vermögensaufbau „aus einer Hand“ oder „aus einem Kopf“ anzubieten. Dann kam noch hinzu, dass seine Vermögensberater zum Kunden und seiner Familie gehen, und zwar wann immer dieser Zeit hat, also auch am Abend und am Wochenende.
Mit diesem Konzept hat Reinfried Pohl die Banken und Versicherungen zu einem harten Wettbewerb herausgefordert, hat viele Nachahmer auf den Plan gerufen. Aber die Versuche, Herrn Pohl zu kopieren, sind alle mehr oder weniger gescheitert. Keiner seiner Nachahmer war und ist so erfolgreich wie er und sein Unternehmen.
Was glauben Sie: Wie kann ein Mensch, der aus normalen Verhältnissen kommt, so Großes bewegen?
Da müssen zuerst einmal die Rahmenbedingungen stimmen. Wirklich Großes kann ein Einzelner nur in einer freien, marktwirtschaftlichen Ordnung leisten, nicht am Gängelband von Politfunktionären oder Bürokraten. Dann muss einer eine Idee haben, ein Produkt, das es bisher nicht gab, das die Menschen aber brauchen. Und dann muss er mit nie nachlassendem Fleiß und mit motivierten Mitstreitern das durchsetzen. Das alles kam bei Dr. Pohl zusammen.
Dabei darf man nicht unterschätzen, was für ein großartiger Motivator Reinfried Pohl ist. Wer einmal erlebt hat, wie er seine Vermögensberater immer wieder anspornt, der spürt den Unterschied zwischen „Dienst nach Vorschrift“ und vollem, begeisterten Einsatz.
Mittlerweile ist die fünfte Auflage von „Ich habe Finanzgeschichte geschrieben“ erschienen. Sind Sie vom Erfolg des Buches überrascht?
Ich war überzeugt, dass viele Vermögensberater und Kunden der Deutschen Vermögensberatung AG gerne mehr über den Mann wissen möchten, für den sie arbeiten und dem sie ihr Geld anvertrauen. Aber dass es bisher schon so viele waren, das war eine positive Überraschung. Und wenn es noch viel mehr werden – ich hätte nichts dagegen.
Interview mit Dr. Hugo Müller-Vogg in „Unser Weg – Journal für den Vermögensberater“, Dezember 2010
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