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10.02.2021
In Zeiten von Corona haben die Politiker einen Höllenjob
Wer wäre nicht schon mal gerne Bundestrainer gewesen, um der deutschen Nationalelf zu sagen, wie sie zu spielen hat? Wer wäre nicht schon mal gerne Bundeskanzler gewesen, um endlich einmal „richtig“ zu regieren. Wenn ich zurzeit die Wahl hätte, ich würde mich lieber für den Trainerjob entscheiden. Warum? Die falsche Mannschaftsaufstellung oder die falsche Taktik kann mit einer Niederlage enden. Die falsche Strategie gegen das Corona-Virus kostet dagegen Menschenleben, ganz abgesehen von all den anderen materiellen wie immateriellen Schäden eines weiteren Lockdowns.
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder sind also nicht zu beneiden, wenn sie an diesem Mittwoch zum xten-Mal über die richtigen Corona-Politik sprechen. In der vom Kanzleramt mit den Staatskanzleien der Länder ausgearbeiteten Beschlussvorlage soll der derzeitige Lockdown „bis zum XXX März“ verlängert werden. „XXX März“ kann am 1. März in gut zwei Wochen sein, aber auch erst am 31. März, also in genau sieben (!) Wochen.
In der Vorlage wird betont, die Öffnung von Kitas und Schulen hätte Vorrang; konkrete Daten werden nicht genannt. Ansonsten soll wohl alles mehr oder weniger bleiben, wie es ist. Bis zu weitere sieben Wochen mit geschlossenen Geschäften und Restaurants, mit Homeoffice und der Kontaktregel „Haushalt plus eine Person“, das alles klingt vor dem Rückgang der Infektionszahlen völlig überzogen. Zudem zehren die Beschränkungen an den Nerven aller Beteiligten: an denen gestresster Eltern wie an denen von um ihre Existenz bangenden Selbständigen und Arbeitnehmern. Nicht zu vergessen die Kinder und jungen Leute, denen fast alles fehlt, was eine unbeschwerte Kindheit und Jugend ausmacht. Die Kanzlerin, die 16 Ministerpräsidenten sowie die Bundesminister für Gesundheit, Finanzen und Wirtschaft müssen jedoch die Kosten jeder denkbaren Lockerung abwägen. Schließlich haben wir es mit mehreren Virus-Mutationen zu tun, die nicht unbedingt gefährlicher als das ursprüngliche Covid-19 sind, dafür aber viel ansteckender. Das heißt: Auch eine abnehmende Zahl infizierter Menschen kann sehr viele andere anstecken. Der derzeitige Rückgang der Infektionen ist folglich keine Garantie gegen eine dritte Welle.
Noch steht keineswegs fest, was morgen entschieden wird. Im Kanzleramt neigte man bisher stets dazu, zunächst schärfere Maßnahmen zu fordern, als die Länder zu akzeptieren bereit waren. So wurde immer ein Kompromiss gefunden. Das könnte auch jetzt so sein. Wenn beispielweise hier und da etwas gelockert wird. Oder wenn der Bund – endlich – mehr dafür tut, dass „Schnelltests zur Selbstanwendung“ zügig zugelassen werden. Oder wenn verschärfte Regeln für Gebiete mit einer 7-Tage-Inzidenz von über 50 erwogen werden.
Man kann lange darüber debattieren, was seit Ausbruch der Pandemie vor einem Jahr gut gemacht worden und was falsch gelaufen ist. Das hilft aber im Moment nicht weiter. Wir müssen mit Einschränkungen leben, bis ausreichend viele Menschen geimpft sind. Auf dem Weg dahin, kann und muss es zu Lockerungen kommen. Der „Bundestrainer“ in mir sagt: möglichst viele Lockerungen und die schnell. Als „Bundeskanzler“ oder „Ministerpräsident“ würde ich dagegen eher auf Nummer sicher gehen: Jeder unterbliebene Kontakt verringert die Wahrscheinlichkeit von Neuinfektionen, Krankheit und Tod. Politiker-Bashing steht zurzeit hoch im Kurs. Dennoch bin ich mir sicher: Von unseren Politikern plädiert keiner für Öffnungen, nur um in den Umfragen ein paar Punkte zuzulegen. Und keiner ist für einen längeren Lockdown, um die Menschen zu quälen. Und noch eines: Die Regierenden in Bund und Ländern haben in Zeiten von Corona einen Höllenjob. Ich jedenfalls möchte mit keinem Politiker tauschen – um keinen Preis.
(Veröffentlicht auf www.focus.de am 10. Februar 2021)
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