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22.11.2020
Frauenquote: Alles ist möglich!
Die SPD hat allen Grund zum Jubeln: Eine Arbeitsgruppe von CDU/CSU und SPD hat sich auf eine Frauenquote in Vorständen börsennotierter Unternehmen verständigt. Dasselbe soll für paritätisch mitbestimmte Großunternehmen sowie für Unternehmen mit Bundesbeteiligung gelten, ebenso für Krankenkassen und andere staatliche Einrichtungen. Als „historisch“ feiert Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) diesen Beschluss und fügt hinzu: „Penetranz schafft Akzeptanz“. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), einst entschiedener Gegner einer Frauenquote in Vorständen, meint, es sei heute nicht mehr vermittelbar, dass es Vorstände gebe, in denen keine Frau vertreten sei.
Einschränkung der Eigentümerrechte
Noch ist nichts endgültig entschieden. Aber es spricht vieles dafür, dass die Spitzen der Koalition den Kompromiss bald in einen Gesetzesvorschlag übernehmen. In Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern muss dann mindestens eine Frau dabei sein. Für die Eigentümer der betroffenen Unternehmen bedeutet das, ebenso wie die Frauenquote in den Aufsichtsräten, eine weitere Einschränkung ihrer Rechte. Bei der Besetzung der Quoten-Sitze soll das Geschlecht künftig das ausschlaggebende Kriterium sein – vor Können, Leistung und Erfahrung. Man kann auch sagen: Weil die SPD glaubt, den „Zeitgeist“ hinter sich zu haben, rückt die CDU/CSU von einem Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft ab – nämlich die Besetzung der Führungsspitze den Anteilseignern zu überlassen.
Man fragt sich schon, was die Union bewegt, dabei mitzumachen – außer der Sorge, von den Medien niedergemacht zu werden, falls sie nicht auf der von Berufsfeministinnen geschickt ausgelösten Welle surft? Jedenfalls lässt sich die CDU/CSU von den nach Sitzen und Stimmen wesentlich schwächeren Sozialdemokraten diktieren, was sie zu tun hat. Es hat ja längst Methode, dass die CDU/CSU schnell einknickt, wenn SPD und Grüne – medial kräftig unterstützt – auf eine andere Politik drängen. Atomausstieg, Mindestlohn, Rente mit 63, Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, Mietpreisbremse, Frauenquote in Aufsichtsräten: Da fragt man sich unwillkürlich, wo und wann die CDU/CSU das nächste Mal einknickt. Bei einer Vermögensteuer, bei Tempo 100 oder bei einer weiteren Verteuerung der Energie? Da drängt sich der Slogan auf: Nichts ist unmöglich – Union!
Wie reagiert Fraktionschef Brinkhaus?
Dass Angela Merkel und CSU-Chef Markus Söder ihre ordnungspolitischen Überzeugungen an der Garderobe zum populistischen „Wie’s euch gefällt“-Theater abgegeben haben, ist bekannt. Fragt sich nur, wie sich jetzt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verhält? An ihrer Spitze steht bekanntlich mit Ralf Brinkhaus ein Wirtschaftspolitiker, der Wert darauf legt, dass er – im Gegensatz zu manchem Parteifreund – noch weiß, was Ordnungspolitik ist. Sein Amt verdankt er zudem dem Willen der Fraktion, nicht mehr alle Vorhaben aus dem Kanzleramt und dem Koalitionsausschuss abnicken zu müssen. Es wird spannend sein zu beobachten, ob der Wirtschaftsflügel der CDU/CSU in dieser Frage zur Abwechslung mal standhaft bleibt.
Ob der SPD dieser Coup hilft, aus ihrem 15-Prozent-Tief herauszukommen? Werden die Kassiererinnen, Pflegekräfte, Sekretärinnen oder Reinigungskräfte jetzt in Freudentränen ausbrechen, weil mehr Frauen in die Unternehmensvorstände einziehen? Werden die nicht wenigen weiblichen Geringverdiener ob dieser emanzipatorischen Großtat wieder zur SPD zurückkehren? Wohl kaum. Der CDU/CSU wird dieses Wendemanöver ebenfalls wenig nutzen. Denn selbstverständlich werden die Hardcore-Feministinnen weiter auf die Grünen setzen, denen eine Drittel-Parität ohnehin nicht reichen wird. Mögliche schwarz-grüne Koalitionsverhandlungen nach der nächsten Bundestagswahl versprechen in jedem Fall viel Spannung. Ob die CDU/CSU es dann auch für „nicht mehr vermittelbar“ hält, dass Vorstandsbesetzungen ganz ohne Quote für Migrant*innen und Diverse von statten gehen werden? Nichts ist unmöglich.
Veröffentlicht auf www.cicero.de am 22. November 2020
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