05.11.2020

Die Linke und das DIW Seit‘ an Seit‘ gegen die Reichen

Es besteht hierzulande kein Mangel an linksorientierten Parteien und Institutionen. Ganz links verortet ist die einstige SED, die heute als „Die Linke“ firmiert. Beim Thema Umverteilung hat sich jetzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), eigentlich ein inoffizieller Think-Tank der SPD, noch links von der Linken positioniert. Im Auftrag der Partei haben die Wirtschaftsforscher ein Konzept für eine Vermögensabgabe erarbeitet, das die Reichen mit 10 bis 30 Prozent zur Kasse bitten soll. Demgegenüber war der bisherige Linken-Vorschlag, Vermögen von einer Million und mehr mit 5 Prozent zu besteuern, eher zurückhaltend.

Mit der Vermögensabgabe will die Linke die Einnahmenlücken schließen, die als Folge der Corona-Pandemie in den öffentlichen Haushalten entstanden sind und die finanzpolitischen Spielräume auch in den nächsten Jahren einschränken werden. Das DIW rechnet in den nächsten 20 Jahren mit Mehreinnahmen von 310 Milliarden Euro, wenn eine einmalige Abgabe auf alle Vermögenswerte oberhalb von zwei Millionen Euro (persönlicher Freibetrag) und fünf Millionen Euro (Freibetrag für Betriebsvermögen und Beteiligungen an Kapitalgesellschaften) erhoben werden würde. Ab dem ersten Euro jenseits des Freibetrags wären 10 Prozent zu zahlen. Der Steuersatz soll dann progressiv ansteigen und bei mehr als 100 Millionen 30 Prozent erreichen. Diese Vermögensabgabe soll von 2020 an über einen Zeitraum von 20 Jahren entrichtet werden.

Wissenschaftlicher Segen

Den Wunsch, die wirtschaftlich Erfolgreichen und die Wohlhabenden noch stärker als bisher zur Kasse zu bitten, ist im linken Teil des politischen Spektrums sehr populär, auch bei SPD und den Grünen. Corona war deshalb für viele eine willkommene Gelegenheit, eine zusätzliche Belastung der Reichen und Superreichen zu fordern. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken zählte zu den ersten, die lauthals nach Umverteilung riefen. Der Ökonom Stefan Bach (DIW) hat den links-grünen Umverteilern jetzt seinen wissenschaftlichen Segen gegeben: „Die Coronakrise ist auch eine große Herausforderung für die öffentlichen Haushalte. Wir erleben einen starken Anstieg der Staatsverschuldung, und für solche Sondersituationen ist die Vermögensabgabe als außerordentliches Finanzierungsinstrument des Staates gedacht.“

Sehnsucht nach Umverteilung

Dass Linke-Politiker über die DIW-Studie höchst erfreut sind, versteht sich von selbst. Ihre Sehnsucht, den deutlich Bessergestellten Geld wegzunehmen, lässt sich als „Notopfer Corona“ besser verkaufen als sozialistische Umverteilung. Zudem gehört der Neid auf „die da oben“ zum deutschen Nationalcharakter. Schon im Dezember vergangenen Jahres hatten laut Politbarometer 72 Prozent der Deutschen eine Vermögensteuer ab zwei Millionen Euro befürwortet. Der DIW-Vorschlag passt dazu. Reiche zu schröpfen ist freilich gar nicht so einfach. Die Besitzer ganz großer Vermögen können leicht ins Ausland ausweichen. Das ist legal und ließe sich nur mit einem Verbot der Auswanderung verhindern. Treffen würde eine Vermögensabgabe deshalb vor allem erfolgreiche Mittelständler, die nicht so einfach ihren Wohnsitz in ein anderes Land verlagern können. Deren Vermögen steckt freilich nicht in erster Linie in protzigen Villen und sündhaft teuren Yachten. Es steckt vielmehr in den rund drei Millionen Familienunternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden und die 60 Prozent aller Arbeitnehmer beschäftigen. Wer dieses Vermögens durch eine Abgabe reduzieren will, der besteuert letztlich diejenigen, die hierzulande Arbeitsplätze schaffen und erhalten. Das wäre – in Zeiten von Corona – genau das falsche Rezept für eine schnelle wirtschaftliche Erholung.

Gift für Investitionen

Die Idee, Corona für die Einführung einer Vermögensabgabe zu nutzen, mag linke Herzen höher schlagen lassen. Eine solche Abgabe richtete sich jedoch genau gegen die, deren Kapital das Land „nach Corona“ für neue Investitionen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze dringend braucht. Ganz abgesehen davon: Wäre diese Zusatzbelastung erst einmal eingeführt, wäre es für eine grün-rot-rote Regierung ein Leichtes, die Freibeträge zu senken oder die Steuersätze zu erhöhen – mit wissenschaftlichem Beistand vom DIW in Berlin. Linke-Vorstand Bernd Riexinger ist da ganz zuversichtlich, „dass die Erhebung einer Vermögensabgabe als Einstieg für die Wiederbelebung einer regulären Vermögenssteuer genutzt werden“ kann.

Veröffentlicht auf www.cicero.de am 4. November 2020


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