23.04.2019

In den Medien wird mit Worten Politik gemacht

Politischer Aschermittwoch 2019 bei der CSU in Passau. Zum ersten Mal ist Markus Söder als CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident der Hauptredner. Wer eine krachlederne Attacke auf alles links von der CSU erwartet hatte, wurde enttäuscht. Es sprach der neue Söder, der das Wort „Demut“ in seinen Wortschatz aufgenommen hat. Der nach Passau entsandte Deutschlandfunk-Reporter bescheinigte ihm folglich, sich „im Rahmen des Politisch-Korrekten“ bewegt zu haben.

Nun war bisher nichts bekannt über ein „Bundesamt für Politische Korrektheit (BAPK)“, das festlegt, was in diesem Land als politisch erlaubt gilt, was mithin gesagt werden darf, ohne als anstößig gebrandmarkt zu werden. Doch bedarf es einer solchen Institution offenkundig nicht. Der Hüter der „Political Correctness“ in diesem Land sind die Medien, angeführt von den öffentlich-rechtlichen. Die haben klare Kriterien: So sind zum Beispiel Witze über den Papst, Konservative oder „Nur-Hausfrauen“ grundsätzlich erlaubt, solche über sexuelle Minderheiten oder Muslime grundsätzlich nicht. Auch beim Deutschlandfunk scheint man klare Kriterien für „Political Correctness“ zu haben.

Schulschwänzen wird als Streik geadelt

Politik wird in den Medien viel subtiler gemacht als über offen geäußerte Kritik oder Zustimmung. Der Versuch der politischen Beeinflussung beginnt mit der Wortwahl: Worte machen Politik. Das jüngste Beispiel für eine „politisch-korrekte“ Wortwahl ist der Begriff „Streik“ für die freitäglichen Schülerdemonstrationen zur Klimapolitik. Schüler können gar nicht streiken. Sie haben keinen Arbeitgeber und sind gesetzlich zur Teilnahme am Unterricht verpflichtet. Indem die Medien vom „Streik“ sprechen, also auf die Arbeitskampf-Terminologie zurückgreifen, adeln sie bewusst das – politisch motivierte – Schwänzen des Unterrichts. Denn Streik ist grundsätzlich positiv besetzt. Da setzen sich Arbeitnehmer gegen Bosse zu Wehr und haben dabei das Grundgesetz auf ihrer Seite. So sorgen die Medien für ein Klima, das selbst den Bundespräsidenten oder die Bundeskanzlerin veranlasst, die „Streikenden“ in höchsten Tönen zu loben. Woraus sich ableiten lässt, es könne ja nicht falsch sein, was von den Spitzen des Staates als richtig bezeichnet wird.

Aus Gewalttätern werden Aktivisten

Die Sprachpolitik der Medien zeigt sich ebenfalls, wenn es um politische Gewalt geht. Wenn Rechtsradikale jüdische Einrichtungen schänden, Ausländern Gewalt antun oder Flüchtlingsheime anzünden, dann ist – völlig zu Recht – von rechtsradikaler Gewalt oder rechtsextremistischen Tätern die Rede. Wenn Linksradikale im Zeichen des Antifaschismus, des Antikapitalismus oder der Klimarettung Häuser oder Wälder besetzen, Autos anzünden, Geschäfte plündern oder mit brutaler Gewalt gegen Polizisten und Unbeteiligte vorgehen, werden die Täter häufig als „linke Aktivisten“ bezeichnet. Links klingt ja auch freundlicher als linksradikal und Aktivist harmloser als Gewalttäter. Die dahinter stehende Absicht ist unverkennbar und scheint in den meisten Redaktionen der Mehrheitsmeinung zu entsprechen.

Ist in den Medien von „links“ und „rechts“ die Rede, dann nur selten im Sinn der hergebrachten, gesäßgeografischen Einteilung des politischen Spektrums. Denn links wird stets in klarer Abgrenzung von linksradikal verwendet – und das aus gutem Grund. Bei „rechts“ gehen ARD, ZDF und die meisten Zeitungen nicht so differenziert vor. Wenn die politische Linke – von SPD über Grüne bis hin zu Linkspartei und den sogenannten Antifaschisten – die Rechtsradikalen und Rechtsextremisten bekämpft, dann spricht sie stets vom „Kampf gegen rechts“. Denn bekämpft werden soll alles, was nicht links ist – eben nicht nur Rechtsextreme, Neonazis oder die AfD. Eingeschlossen werden dabei stets Konservative, CSU und Teile der CDU. Das fördert das gewünschte Feindbild: linke Demokraten gegen die „Nazis“ und ihre Sympathisanten. Und diese Klassifizierung wird von den meisten Medien übernommen – und zwar keineswegs nur in Kommentaren, sondern in den Nachrichten.

Deutschland ein einziges Jammertal? Ganz so krass wird das Land in den Medien nicht gezeichnet. Aber es wird viel über Armut geschrieben und gesendet. Ein vielfach, auch international verwendeter Indikator zur Messung von Einkommmensarmut ist die sogenannte Armutsgefährdungsquote. Das ist der Anteil der Personen, die zum Leben weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. Nun ließe sich darüber streiten, warum Armut bei 60 Prozent beginnt und nicht schon bei 70 oder erst bei 50 Prozent. Aber dieser Maßstab hat sich eben eingebürgert. Wann immer eine neue Quote ermittelt ist, sprechen ARD, ZDF und die meisten anderen Medien von der hohen „Armutsquote“, die es zu beklagen gelte. „19 Prozent Arme in Deutschland“ passt den meisten Journalisten besser ins politische Weltbild als „19 Prozent Armutsgefährdete“. Denn je mehr „Arme“, umso begründeter lässt sich in Kommentaren dann mehr Umverteilung fordern.

Kampfbegriffe als Teil der Nachrichtensprache

Dem Wort als politische Waffe kommt auch beim Thema Flüchtlinge und Zuwanderung große Bedeutung zu. Die in den 1990er-Jahren übliche Bezeichnung „Asylanten“ war schon lange durch „Asylsuchende“ ersetzt worden. Wer nämlich für einen möglichst ungehinderten Zuzug möglichst Vieler eintritt („Jeder Zuwanderer ist eine Bereicherung“), dem liegt an einem möglichst positiven Begriff. Die Endung –ant in Asylant ruft angeblich aber negative Assoziationen hervor und soll an Simulant, Querulant oder Denunziant erinnern. Im medial beförderten Willkommensrausch gab es auch keine Asylbewerber mehr, sondern nur noch Flüchtlinge, inzwischen vielfach durch Geflüchtete oder Schutzsuchende abgelöst. Asylbewerber ist nach Absicht der medialen Gralshüter der „Political Correctness“ als Bezeichnung ungeeignet, weil der Wortteil „Bewerber“ impliziert, dass die Bewerbung auch abgelehnt werden kann. Bei Geflüchteten denken Gutmenschen nicht mehr an Prüfung und eventuelle Ablehnung, sondern nur noch an die moralische Verpflichtung zur Hilfe. Und für Schutzsuchenden gilt: Einer, der Schutz sucht, verdient eher Hilfe als jemand, der sich um etwas bewirbt. Dabei geht eine Tatsache völlig unter: dass sich unter den Flüchtlingen/Schutzsuchenden/Geflüchteten ein nicht geringer Teil von illegalen Migranten befindet, also von Menschen, die sich bewusst Leistungen erschleichen wollen, die ihnen nicht zustehen.

Mit Worten Politik zu machen, ist nichts Neues. Das wurde schon zu allen Zeiten von Politikern, Parteien und Interessenverbänden versucht. Auffällig ist jedoch, wie leicht politische Kampfbegriffe es in die Medien schaffen – nicht als Zitate, was naheläge. Nein, politische Kampfbegriffe – und zwar solche aus dem links-grünen Spektrum – sind längst Bestandteil der „Nachrichtensprache“. Wer so arbeitet, erspart sich das Kommentieren. Da wird jede politisch korrekte „Nachricht“ zum Kommentar. Das ist, um es zeitgemäß auszudrücken – „Framing“ in Reinkultur.

Veröffentlicht in „Tichys Einblick“, Heft 05/2019.


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