10.04.2019

Die CSU machte sich mit der Aufnahme eines AfD-Abtrünnigen unglaubwürdig

Vor gut einem halben Jahr wurde Markus Plenk auf der AfD-Liste in den bayerischen Landtag gewählt, stieg sofort er zum Co-Fraktionsvorsitzenden auf. Jetzt hat er die Rechtsaußen-Partei verlassen, will zur CSU wechseln. Das stellt die CSU vor ein Dilemma: Die Aufnahme Plenks wäre eine Einladung an andere, mit der AfD inzwischen unzufrieden gewordenenPolitiker, ebenfalls zur CSU zu wechseln. Es wäre aber zugleich ein Persilschein für alle, die sich sehenden Auges mit der in weiten Teilen extremistischen Partei eingelassen haben.

Die Begründung Plenks für seinen Austritt lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Ich habe es satt, die bürgerliche Fassade einer im Kern fremdenfeindlichen und extremistischen Partei zu sein.“ Fragt sich nur, warum Plenk dann solange in der AfD aktiv war und als eine ihrer Galionsfiguren in den Wahlkampf gezogen ist? Die Forderung des völkischen, von einer 180 Grad-Wende im Umgang mit den Naziverbrechen schwadronierenden Björn Höcke stammen ja nicht erst von gestern. Die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen als „Vogelschiss“ in der Geschichte durch den AfD-Vorsitzendern Alexander Gauland war Plenk ebenfalls bekannt, als er für die AfD auf Stimmenfang ging. Seine „bürgerlichen“ Positionen muss er also verdrängt haben, als er sich anschickte, in der AfD Karriere zu machen.

Nun kann sich jeder Mensch irren und parteipolitisch verirren. Auch ein ehemaliges Mitglied einer Partei am rechten oder linken Rand hat deshalb eine zweite Chance verdient. Fragt sich nur, wie glaubwürdig ein solcher schneller Wechsel von der AfD zur CSU wäre? Ganz abgesehen davon, dass es immer im Grunde unanständig ist, wenn jemand sein Mandat von der einen in die andere Partei mitnimmt. Das war im Fall des ehemaligen thüringischen AfD-Abgeordneten Oskar Helmerich nicht anders. Der wurde damals von der SPD mit offenen Armen aufgenommenen, um die denkbare knappe Mehrheit von Rot-Rot-Grün zu sichern.

Die CSU täte deshalb gut daran, Plenk nicht von heute auf morgen eine neue politische Heimat zu bieten. Die Christlich-Sozialen haben im Wahlkampf die Rechtsaußen-Partei heftig bekämpft. Da können sie jetzt nicht einen der AfD-Spitzenkandidaten in ihren Reihen willkommen heißen. Wie ehrlich Plenks Abkehr von AfD-Positionen wirklich ist oder ob er nur von den ständigen Grabenkämpfen in seiner bisherigen chaotischen Fraktion genug hat, weiß letztlich nur er selbst. Aber die CSU machte sich unglaubwürdig, wenn sie in dem politischen Gegner von gestern über Nacht einen der Ihren sähe. Plenk gehört nicht in die CSU-Fraktion, sondern aus Gründen der politischen Hygiene ins Abklingbecken - wie alle anderen Parteiwechsler auch.

Veröffentlicht auf www.focus.de am 8. April 2018.


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