25.07.2020

Linke-Träumerei: Mit weniger Arbeit aus der Krise

Die wirtschaftlichen Folgen von Corona sind unübersehbar. Es wird weniger produziert und gekauft, die Zahl der Arbeitslosen und Kurzarbeiter steigt. Eine Rückkehr zu den Zeiten „vor Corona“ erfordert einen wirtschaftlichen Kraftakt. Katja Kipping, die Co-Vorsitzende der Linkspartei, denkt ganz anders. Sie sieht gerade jetzt eine ideale Gelegenheit, die erzwungene Unterbeschäftigung vieler Menschen für eine flächendeckende Arbeitszeitverkürzung zu nutzen: Vier-Tage-Woche mit maximal 30 Stunden für alle.

Es ist geradezu eine aberwitzige Vorstellung, dass wir besser durch die Krise kommen, wenn generell weniger gearbeitet wird. Doch Kipping, studierte Slawistin und bisher nicht als Wirtschaftsexpertin aufgefallen, glaubt es besser zu wissen. Die Vier-Tage-Woche mache die Beschäftigten „glücklicher, gesünder und produktiver“, meint sie. Das komme den Unternehmen zugute, weil glückliche Mitarbeiter weniger Fehler machten und motivierter seien. Weniger Arbeit als Mittel zu höherer Produktivität und größerer wirtschaftlicher Leistung – auf diese Idee muss man erst einmal kommen.

Für weniger Arbeit gibt’s mehr Geld vom Staat

Für Kipping steht natürlich außer Frage, dass das Glück der 30-Stunden-Jobber nicht durch geringere Einkommen getrübt werden kann. Wer den Lohn für die künftig nicht geleistete Arbeit zahlen soll, steht für die Linke auch fest: zunächst einmal der Staat, wer auch sonst? Nach einem Jahr müssten dann Arbeitgeber und Gewerkschaften die 30-Stunden-Woche per Tarifvertrag regeln. Dass das bei vollem Lohnausgleich erfolgen soll, sagt Kipping nicht explizit, darf aber unterstellt werden.

Kippings Vorstoß läuft darauf hinaus, dass zunächst der Staat und später die Unternehmen Geld dafür aufwenden, dass weniger gearbeitet und weniger produziert wird. Das führt zwangsläufig zu weniger Steuereinnahmen, was es dem Staat noch schwerer machte, seine zahlreichen Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft zu finanzieren. Weniger Steuereinnahmen vertrügen sich ebenfalls nicht mit den ständigen Rufen der Linken nach höheren Sozialleistungen und Renten.

Es mag ja sein, dass die Linken-Vorsitzende ihren Marx gelesen hat und dem utopischen Ideal „Jeder nach seinen Bedürfnissen, jeder nach seinen Fähigkeiten“ nachjagt. Aber ihr Rezept, die Deutschen kollektiv in eine Art „Kurzarbeit de luxe“ zu schicken, machte aus der aktuellen wirtschaftlichen Krise einen Dauerzustand.

Veröffentlicht auf www.focus.de am 25. Juli 2020.


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