07.03.2020

Bodo Ramelows willige Helfer

Und der Sieger ist – Bodo Ramelow. Das muss man erst einmal hinbekommen, was der nach vier Wochen eines freidemokratischen Interregnums wiedergewählte thüringische Ministerpräsident erreicht hat. Obwohl seine rot-rot-grüne Koalition abgewählt worden war, hat sich der Linke monatelang als Inbegriff des von höheren Mächten ausersehenen Regenten inszeniert.

Die 31 Prozent seiner Partei verkauft er – unter tätiger Mithilfe der meisten Medien – als faktisch 51 Prozent. Als sich CDU und FDP darauf einließen, mit Unterstützung der AfD einen FDP-Mann auf den Thron zu heben, gab sich Ramelow als Opfer eines Staatsstreichs von rechts. Seine Botschaft: Falls die CDU ihm nicht unverzüglich wieder zu Amt und Würden verhelfe, drohten eine Staatskrise und das Ende der Demokratie. Soweit, so geschickt.

Eine Truppe von Verlierern

Ramelow hat die thüringischen Christdemokraten gnadenlos als das vorgeführt, was sie seit den Wahlen vom Oktober waren – eine zerstrittene, führungs- und orientierungslose Truppe von Verlierern. Ihr glückloser Vorsitzender Mike Mohring und seine Mannen sprangen über jedes Stöckchen, das Ramelow ihnen mit der Geste des Superdemokraten hinhielt.

Wenn dann das Konrad-Adenauer-Haus die Erfurter daran erinnerte, dass ordentliche CDU-Leute mit Genossen aus der in Die Linke umbenannten SED keine Geschäfte zu machen hätten, traten sie erschrocken wieder einen halben Schritt zurück. In den Tagen vor der Wahl hatte Ramelow von der CDU das gefordert, was die Wähler im Freistaat ihm verweigert hatten – eine absolute Mehrheit bei der Ministerpräsidentenwahl.

Chef einer Minderheitsregierung

Am Morgen des Wahltages entband er die CDU-Fraktion scheinbar großmütig von der Aufgabe, ihm die fehlenden Stimmen gefälligst zu liefern. Das geschah im Stil eines gütigen Landesvaters – voller Verständnis für diese aus seiner Sicht leider etwas missratenen Untertanen. Jetzt gab er die Parole aus, die CDU solle sich enthalten, was diese in drei Wahlgängen brav befolgte. So wurde Ramelow das, was er bei rationalem Verhalten der CDU schon seit vier Wochen sein könnte – Chef einer Minderheitsregierung.

Die CDU tat, wie ihr geheißen und darf jetzt die Früchte ihres Wohlverhaltens ernten. Zunächst gab es wohlwollend-lobende Worte des Regenten. Ob irgendeinem der 21 CDU-Abgeordneten eigentlich aufgefallen ist, wer sie hier lobte? Nämlich der prominente Repräsentant einer Partei, in der die Forderung, die Superreichen wahlweise zu ermorden oder ins Arbeitslager zu stecken, erst zum internen Nachdenken führte, als die Welle öffentlicher Empörung nicht mehr negiert werden konnte.

Das bürgerliche Feigenblatt

Derselbe Bodo Ramelow dient denselben Linken als quasi bürgerliches Feigenblatt, die in ihrer Bundestagsfraktion acht Linksradikale dulden, davon drei an führenden Positionen. Soviel zu den neuen, scheindemokratischen Kleidern der ehemaligen Stasi-Partei. Als Belohnung für die Beihilfe der CDU zur Inthronisation des Ministerpräsidenten wird nicht, was die sauberste Lösung wäre, so schnell wie möglich gewählt, sondern erst im April nächsten Jahres.

Das verlängert die Amtszeit der 21 Unionsabgeordneten, von denen bei einer baldigen Neuwahl wohl die Hälfte ihren Posten verloren hätte. Dank des hinausgeschobenen Wahltermins sichern sich einige Fraktionsmitglieder zudem für den Fall ihrer Abwahl ihre Pensionsansprüche. Darüber, dass es um das Ansehen der Politiker so schlecht bestellt ist, sollten sich diese Parlamentarier nicht wundern.

„Stabilitätsmechanismus“

Natürlich hofft die CDU, sie könnte die Zeit bis zur nächsten Wahl nutzen, um in der Rolle von Ramelows willigen Helfern bei den Wählern wieder ein paar Punkte gutzumachen. In dieser Hoffnung hat sich die CDU – im Widerspruch zu allen Abgrenzungsbeschlüssen – auf einige Deals mit Rot-Rot-Grün eingelassen.

Das Kooperationsabkommen mit der Linken, der SPD und den Grünen, das der neue CDU-Fraktionschef Mario Voigt am Mittwochvormittag unterschrieb, darf natürlich nicht so heißen. Deshalb bekam es den Titel „Stabilitätsmechanismus“. Es wird als Thüringer „Neusprech“ das Polit-Vokabular bereichern. ?

Landeswohl oder Ramelows Ruhm?

Natürlich ist Ramelow klug genug, bei künftigen Gesetzesvorhaben der CDU ein paar Zugeständnisse zu machen, auf dass sie ihm zuverlässig die fehlenden Stimmen liefere. Dabei weiß Ramelow, dass gute Regierungsarbeit sich stets für die Partei auszahlt, die den Regierungschef stellt. Wer da sonst noch zugestimmt hat, interessiert die Wähler nämlich nicht. Dass CDU-Kanzlerin Angela Merkel genau nach dieser Methode ihre Koalitionspartner SPD und FDP geschrumpft hat, scheint ihren Parteifreunden in Erfurt entgangen zu sein.

Der thüringische Landtag hat den Weg frei gemacht für eine von der CDU indirekt unterstützte Minderheitsregierung und damit ein neues landespolitisches Kapitel aufgeschlagen. Auch die thüringische CDU nimmt eine neue Rolle ein: als Mehrheitsbeschafferin für Rot-Rot-Grün. Dies alles angeblich zum Wohl des Landes – und vor allem zum größeren Ruhm des Ramelows. ?

Veröffentlicht auf https://www.cicero.de/innenpolitik/wahl-thueringen-bodo-ramelow-cdu am 5. März 2020.


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