27.12.2018

ZDF und ARD sollten über Reformen nachdenken statt über höhere Gebühren

ZDF-Intendant Thomas Bellut will mehr Geld. Das ist verständlich. Jeder Unternehmenschef hätte gern höhere Einnahmen. Doch gibt es einen kleinen Unterschied. Öffentlich-rechtliche Anstalten wie ZDF und ARD müssen sich die Mehreinnahmen nicht am Markt erkämpfen; die bekommen sie von der Politik geschenkt. Ganz gleich, ob das Programm besser wird oder schlechter, ob mehr Zuschauer einschalten oder nicht. Das Geld fließt und fließt und fließt.

Um eines klarzustellen: Ich bin ein überzeugter Anhänger eines öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Hörfunkangebots. Ob man es über Gebühren oder Steuern finanziert, ist dabei zweitrangig. Wichtig ist, dass es Sender gibt, die bei der Programmgestaltung nicht nach dem größten gemeinsamen seichten Nenner suchen, um möglichst hohe Einschaltquoten zu erreichen. Sondern die auf hohe Qualität Wert legen – bei Information, Kultur und Unterhaltung. Dafür gibt es gute Beispiele in den Hauptprogrammen, aber auch bei Phoenix, Arte oder dem Deutschlandfunk.

Unverändert gibt es bei ARD und ZDF in den Bereichen politische Information oder Kultur ungleich mehr Qualität als bei der privaten Konkurrenz, was allerdings nicht allzu schwer ist. Zugleich hat sich bei den Öffentlich-Rechtlichen die Tendenz eingeschlichen, gerade bei den „Soaps“ und in der Unterhaltung mit den Privaten den Wettbewerb auf niedrigerem Niveau aufzunehmen. Das mag Quote bringen, rechtfertigt aber keine Gebührenerhöhung. Denn die ARD- und ZDF-Sender haben sich längst von den Qualitätsstandards entfernt, die allein den Rundfunkbeitrag rechtfertigen.

Wenn ARD und ZDF mit den Milliarden, die ihnen ohne jede Anstrengung ins Haus gespült werden, nicht auskommen, sollten sie mal über ihre Strukturen nachdenken. Wer beispielsweise durch die Programme der neun Landesrundfunkanstalten zappt, der findet Abend für Abend zur „Prime Time“ dasselbe: alte „Tatorte“ und andere uralte Filme die heute beim NDR und morgen beim WDR laufen – ohne jeden regionalen Bezug. Wer mit dem Auto durch die Lande fährt, der kann sich im Radio von unzähligen öffentlich-rechtlichen Dudelfunk-Sendern beschallen lassen, deren Sendegebiete sich ebenso überschneiden wie deren Musikprogramme. Wieso sich die vielzitierte „Grundversorgung“ der Öffentlichkeit nur durch zahllose, kaum unterscheidbare Parallelprogramme erreichen lassen soll, bleibt das Geheimnis der ARD- und ZDF-Hierarchen. Rational begründen lässt sich das nicht.

Man kann Herrn Bellut verstehen: Die Rundfundgebühren zu erhöhen, ist die bequemste Form der Geldbeschaffung. Die Öffentlich-Rechtlichen sollten erst einmal ernsthaft über die Kostenseite nachdenken, ehe sie die Politiker ermuntern, den Bürgern in die Tasche zu greifen. Wenn die gebührenfinanzierten Sender ernsthaft über eine Struktur- und Programmreform nachdächten, nicht zuletzt über die Abschaffung von kostspieligen Parallelangeboten, bräuchte man keine Gebührenerhöhung – und keine an den Haaren herbeigezogenen Begründungen.

Veröffentlicht auf www.focus.de am 27. Dezember 2018.


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