13.08.2018

Plötzlich blinkt die CDU ganz links

Stammwähler der CDU müssen leidensfähig sein. Was hat ihre Partei nicht alles auf dem Altar des Zeitgeistes geopfert: die Wehrpflicht, die Definition der Ehe als Verbindung von Mann und Frau, die Ablehnung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns, das Nein zu einer Mietpreisbremse, die Verteidigung des Leistungsprinzips in Bildung und Ausbildung, die Gegnerschaft zu Geschlechterquoten als entscheidendem Kriterium für den Aufstieg – und, und, und. Ein Grundsatz immerhin galt bisher als unumstößlich: Christliche Demokraten kooperieren und koalieren nicht mit den Links- und Rechtsaußen, also weder mit der Partei Die Linke noch mit der AfD.

Auch mit dieser Gewissheit ist es aus und vorbei. Gedankenspiele der CDU in Brandenburg, nach den Landtagswahlen 2019 durchaus mit Linken und AfD zu reden, konnte man noch als ostdeutsche Besonderheit abtun. Jetzt aber hat der schleswig-holsteinische CDU-Ministerpräsident Daniel Günther die umbenannte SED in den Rang einer „normalen“ demokratischen Partei erhoben. Sein Aussage ist eindeutig: „Wenn da vernünftige Menschen in der Linkspartei am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftigen Lösungen zu suchen. Es wäre gut, auf Scheuklappen zu verzichten. Wenn Wahlergebnisse es nicht hergeben sollten, dass gegen Die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsfähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisch sein.“

Vernünftige Linke und pragmatische Unionisten – was für eine Perspektive, falls es für eine herkömmliche Koalition mit einer der demokratischen Parteien nicht reichen sollte! Offenbar scheint Günther so geschichtsvergessen zu sein, dass er übersieht, wer oder was Die Linke im Grunde ist – eine umbenannte SED. Die hat sich zwar reformiert und demokratisiert, es aber bis heute nicht geschafft, die DDR als das zu bezeichnen, was sie war, nämlich ein Unrechtsstaat. Auch scheint es ihn nicht zu stören, wie Moskau-treu die Wagenknecht-Partei ist und mit welch‘ kruden Steuerungs- und Umverteilungsplänen sie die soziale Marktwirtschaft durch eine sozialistische Staatswirtschaft ersetzen will.

Eines ist klar: Wenn Inhalte völlig beliebig werden, wenn das Regieren zum Selbstzweck wird, wenn es nur noch um Ämter geht, dann kann die CDU auch mit der Linken regieren – und mit der AfD ebenfalls.

Veröffentlicht auf www.focus.de am 13. August 2018.


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