WIESBADEN. „Was darf man öffentlich sagen und was nicht?“, fragte Moderator Gordon Bonnet im Presseclub. Er hatte es in der „Medienlounge“ mit zwei publizistischen Schwergewichten zu tun. Mit Armin Conrad, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Deutsche Sprache und ehemals Redaktionsleiter bei 3Sat Kulturzeit, und mit Hugo Müller-Vogg, Journalist und Publizist. Muss es „Fremdenfeindlichkeit“ oder „Rassismus“ heißen? Sollte man von „Jugendlichen aus Einwanderer-Familien“ sprechen oder von solchen mit „Migrationshintergrund“? Worte schaffen Fakten
Genau zu formulieren, ist für Journalisten nicht leicht. Worte schaffen Fakten, selten positive. So Conrad. „Diejenigen, die das Wort ,Islamischer Staat‘ benutzen, denken doch nicht daran, dass es sich um einen Staat handelt.“ Eine Terrororganisation mit Ablegern in mehr als einem Dutzend Länder beschreibt sich so und die Medien übernehmen den Begriff. „Wenn wir ein Wort häufiger benutzen, dann haben wir auch bald den Zustand. Wer ‚Krieg‘ sagt, kriegt ihn. Der Gebrauch eines Wortes bringt den Zustand näher, den es beschreibt.“ (…)
Müller-Vogg neigt zu der Ansicht, dass sich viele Medienschaffende der linken Sache verbunden fühlen und entsprechend ihre Begriffe wählen. Stellt aber fest, dass Buntheit vorhanden sei: „Bei den Zeitungen ist die Landschaft vielfältiger als bei elektronischen Medien.“ Was im Internet abgehe – in den sozialen Netzwerken – ist für ihn „eher Unkultur“. „Die Leute meinen, was sie bei Twitter erfahren, sei die Welt.“
Manchmal, so Müller-Vogg, löse ein Begriff den anderen ab: „Das Wort ‚Bürgerinitiative‘ war verbraucht, da musste der ‚Wutbürger‘ her.“ In der als Streitgespräch angelegten Diskussion, warfen sich die Spieler oft die Bälle zu. So fragt Conrad, ob man „Wutbürger“ und „Gutmensch“ zugleich sein kann. „Auf alle Fälle“, sagt Müller-Vogg. „Die Stuttgarter Wutbürger waren die klassischen Gutmenschen.“
Quelle: Wiesbadener Kurier vom 18. November 2015