Presse

17.12.2002 | Welt

Koch stellt sein Buch vor – und sich als konservative Alternative zu Rot-Grün

von Guido Heinen

Berlin - Es gibt einen Moment, da schaut auch Roland Koch ein wenig verlegen nach unten und wird rot, im Gesicht. Gerade hat ihn Manfred Bissinger, der Großkopf des linksliberalen Journalismus dieses Landes, zu einem „Liberalkonservativen“ erklärt und ihm ebenso hymnisch wie indirekt seine Ambitionen auf das Kanzleramt vorgetragen. Kochs Kiefer beginnen zu mahlen, als Bissinger ausmalt, wie Koch „gen Berlin stürmen“ werde, oder listig fragt, warum er mit Joschka Fischer so sanft umgehe. Aber am Ende, da genießt der Ministerpräsident es doch wieder, den freundlich-bissigen Journalisten zur Vorstellung eines über 200 Seiten starken Werks geladen zu haben, das jetzt als weiteres so genanntes Politikerbuch unter die Weihnachtsbäume gebracht werden soll.

Dabei versucht Koch erst gar nicht, so zu tun, als habe er das Buch selbst geschrieben. Es ist konzipiert als eine Komposition aus acht Großinterviews, die der Publizist Hugo Müller-Vogg in den letzten Monaten mit Koch geführt hat, vor Veröffentlichung nahezu „kaum redigiert“, wie der Interviewer versichert. Die schon lange zuvor angesetzte Buchvorstellung fällt exakt auf den Tag, an dem Friedrich Merz der CDU-Spitze erklären könnte, warum er Angela Merkel was übel nimmt. Für Koch das Feld, den disziplinierten Integrator zu geben. „Sie werden sich wundern, wie die Union die Fähigkeit entwickelt, zusammenzurücken“, sagt er. Aus dem Koch-Deutsch übersetzt heißt das: Sie hat diese Fähigkeit jetzt noch nicht.

Als Koch in dem Buch gefragt wird, ob „Angela Merkel jetzt unumstritten die Nummer eins“ in der Partei sei, ist er überraschend offen: „Angela Merkel hat damit die zentrale Verantwortung für die gesamte Strategie der Union übernommen. Das ist ihr gutes Recht. Da hat sie auch Anspruch auf Unterstützung.“ Das kann man so sagen, aber herzlich geht eben anders. So weist Koch die blätternden Journalisten jetzt darauf hin, sie sollten bitte „nicht die Botschaft annehmen, in dem Buch stünde ein Angriff auf irgendjemanden“.

Das ist wohl wahr. In dem Band, der nur durch sieben Kapitel gegliedert ist, in denen man sich jedoch durch Seitenüberschriften gut zurechtfindet, stellt sich Koch lieber dar als die konservative Alternative zum rot-grünen Projekt, von dem er allerdings überraschend wenig spricht. Dafür erfährt man einiges über seine Jugend und seine Strategien, die Bewunderung für den Dalai Lama und das neue CDU-Familienbild, sein „ausgeglichenes“ Verhältnis zu Helmut Kohl oder darüber, was Lüge und Wahrheit in der Politik bedeuten.

Koch geht es darum, dass Union und FDP wieder eine Alternative bieten. Die Frage nach einer Großen Koalition stelle sich nicht, auch nicht bei „erheblicher Fantasie“. Deutschland habe, sagt er, eine unfähige Regierung, keine Staatskrise, in der eine solche Koalition denkbar wäre. Wenn Rot-Grün platze, dann wegen einer außenpolitischen Frage. Erst dann, wenn Neuwahlen anstünden, werde die Union neu entscheiden, wer Kanzlerkandidat werde. Der Titel des Buches: „Beim Wort genommen“.

(Welt)



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